Spanien

Die Wahl 2015 in Spanien – Teil 8 – Noch eine Woche bis zur Wahl

Schon seit März berichten wir über die bevorstehende Wahl auf nationaler Ebene in Spanien – nun ist es so weit. In exakt einer Woche, am 20. Dezember, schreitet die Bevölkerung Spaniens zur Wahlurne.

Um zunächst einmal mit einem Mythos aufzuräumen: Nein, Spanien wird nicht nach links rücken und das sozialistische Schreckgespenst Podemos wird keinen Siegeszug antreten. Dies war ein Wunschdenken der linksintellektuellen Elite. Der WDR hatte sich schon siegestrunken nach Spanien begeben, um exklusiv zu berichten, wie toll die Politik von Podemos doch sei und wie tiefgreifend sie Spaniens Gesellschaft verändern würde. Oft wird als Beleg für den Wandel angeführt, dass mit Manuela Carmena in Madrid und Ada Colau in Barcelona zwei linke Kandidatinnen aus dem Nicht-Establishment Bürgermeisterinnen wurden, doch beide sind nicht für Podemos angetreten. Podemos wird kein zweites Syriza werden, sondern mit respektablen rund 15% ins Parlament einziehen. Nicht mehr und nicht weniger.

Was viel bedeutender ist, aber von unserer Medienlandschaft verschlafen wurde, ist das Ende des Zweiparteiensystems in Spanien, das wir schon im Mai prognostizierten und auch so am Sonntag eintreten wird. Die Politik in Spanien wurde seit dem Sturz Francos durchgängig von der konservativen PP und der sozialdemokratischen PSOE dominiert, ähnlich wie CDU und SPD in Deutschland. Doch beide werden am kommenden Sonntag ein Desaster erleben. Die PP, aktuell mit einer absoluten Mehrheit regierend, wird von bisher rund 45% auf knapp unter 30% abstürzen. Ihr Gegenpart, die PSOE, holte 2008 noch knapp 44%, wurde dann nach dem Scheitern der PSOE-Regierung unter Zapatero mit rund 29% abgestraft und wird nun noch mehr Stimmen verlieren, sodass am Ende sogar nur 20% auf der Skala stehen könnten..

Stattdessen spielen nun zwei weitere Parteien eine große Rolle. Neben den genannten Sozialisten von Podemos sind dies vor allem die liberalen Ciudadanos, die quasi aus dem Stand auf 20% kommen werden und somit sogar der PSOE den Rang der zweitstärksten politischen Kraft streitig machen könnten. Die Partei besetzt gleich in zwei Dimensionen eine Lücke in der spanischen Parteienlandschaft. Neben der links der Mitte stehenden PSOE und der rechts der Mitte stehenden PP fehlte dort bisher eine Partei mit starkem liberalen Profil in der Mitte des demokratischen Spektrums, die von den Ciudadanos erfolgreich besetzt wird. Darüber hinaus fehlte neben den alten etablierten und mit Korruptionsvorwürfen behafteten Großparteien ein frischer Wind in der Parteienlandschaft, den sowohl Podemos, als auch die Ciudadanos mitbringen wollen. Podemos gibt sich dabei dezidiert nonkonformistisch und dadurch oft überdreht, während die Ciudadanos, allen voran ihr charismatischer Vorsitzender Albert Rivera, zwar jung und dynamisch, aber dennoch seriös und staatstragend auftreten.

Der erst 36 Jahre alte Rivera gilt Umfragen zu Folge nicht nur als der beliebteste Politiker Spaniens, sondern ist auch jemand, der das gespaltene Land einen kann, da er auf der einen Seite überzeugter Katalane ist, der mit seiner Familie Katalanisch statt Spanisch spricht und einen katalanischen Vornamen trägt, aber auf der anderen Seite eine Abspaltung Kataloniens von Spanien kategorisch ausschließt. Damit wird er zum Symbol eines geeinten spanischen Königreichs in der Vielzahl seiner Regionen.

Es ist also absehbar, dass es nach der Wahl zu einer Koalition kommen wird. Podemos dürfte als Koalitionspartner ausscheiden, denn dies wäre wenn überhaupt mit der sozialdemokratischen PSOE denkbar, doch diese Konstellation wird keine Mehrheit erleben. Man wird sich daher auf die Oppositionsarbeit beschränken. Auch mit den Ciudadanos dürfte es für die PSOE nicht für eine Mehrheit reichen, so dass lediglich die Option bliebe, als Juniorpartner in eine große Koalition mit der PP einzutreten. Rechnerisch dürfte auch eine Koalition aus PP und Ciudadanos eine Mehrheit bekommen, doch es ist unwahrscheinlich, dass Rivera zum Steigbügelhalter für eine zweite Amtszeit des schwachen Ministerpräsidenten Rajoy wird. Die Tage nach der Wahl werden also mindestens genauso spannend wie die Tage vor der Wahl, da viele Konstellationen möglich sind. Diese werden jedoch allesamt keine Liebesheirat werden, so dass kaum jemand Zeit in solche Gedankenspiele investiert, sondern jeder zunächst versucht, für sich das beste Ergebnis zu holen. Wir dürfen also gespannt sein!

Wir schließen diesen Artikel mit einem Zitat Riveras: „Liberale Parteien regieren in sieben Ländern Europas, Spanien könnte bald das achte Land werden, das aus der Mitte von einer liberalen Partei geführt wird.“


 

Die bisherigen Teile unserer Reihe über die Wahl 2015 in Spanien:

Teil 1 – Die Wahl 2015 in Spanien

Teil 2 – Der Kampf der Unabhängigkeit in Katalonien

Teil 3 – Die andalusische Heide Simonis

Teil 4 – Das Ende des Zweiparteiensystems

Teil 5 – Pedro Sánchez – Der Herausforderer

Teil 6 – Katalonien – Gemeinsam für das „Ja“

Teil 7 – Katalonien und die Unabhängigkeit – Madrid hat die Hosen voll


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