Pedro Sánchez

Die Wahl 2015 in Spanien – Teil 5 – Pedro Sánchez – Der Herausforderer

Am vergangenen Sonntag hat Pedro Sánchez, Chef der sozialdemokratischen PSOE und somit auch Oppositionsführer im Abgeordnetenhaus, seine Kandidatur für den Posten des Ministerpräsidenten erklärt. Er tritt damit gegen den amtierenden Amtsinhaber Mariano Rajoy von der konservativen PP an.

Der gebürtige Madrilene ist Wirtschaftswissenschaftler und wurde im Jahre 2004 in den Stadtrat seiner Heimatstadt und anschließend 2009 ins spanische Abgeordnetenhaus gewählt. Nachdem seine Wiederwahl 2011 scheiterte nahm er eine Professur an einer privaten Universität Madrids an. Erst 2013 zog er als Nachrücker erneut ins Abgeordnetehaus ein. Dann erfolgte sein schneller Aufstieg: Er erlangte Bekanntheit mit seiner Doktorarbeit, die einen neuen sozialistischen Weg der spanischen Ökonomie aufzeigte. Nach dem desaströsen PSOE-Ergebnis bei den Europawahlen 2014 gewann er eine Dreifach-Kampfkandidatur um den Posten des Generalsekretärs (d.h. des Parteichefs) der PSOE.

Trotz der miserablen Lage der PSOE gilt Sánchez durchaus als aussichtsreicher Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten. Dies belegen vor allem seine hohen Zustimmungswerte: Eine repräsentative Wählerbefragung ergab, dass das prozentuale Saldo aus Zustimmung minus Ablehnung bei +7 liegt. Zum Vergleich: Sein Konkurrent Mariano Rajoy liegt bei -44 und Podemos-Chef Pablo Iglesias bei -7. Lediglich Albert Rivera, Vorsitzender der liberalen Ciudadanos, hat mit +12 noch höhere Zustimmungswerte.

Letztendlich wird die Wahl des Ministerpräsidenten durch die verschiedenen Koalitionsoptionen entschieden. Hier wird deutlich, dass Rajoy und die PP vollkommen isoliert sind. Sánchez gilt als Gegner einer großen Koalition aus PP und PSOE. Auch die linke Podemos-Bewegung käme für die PP niemals in Frage, ganz im Gegenteil: Die PP hat die PSOE aufs Schärfste dafür kritisiert, dass sie nach den Regional- und Kommunalwahlen lokale Bündnisse mit Podemos eingegangen ist. Als potenzieller Koalitionspartner für PP bleiben also nur die Ciudadanos. Unabhängig von der Frage, ob diese überhaupt eine Koalition mit der PP eingehen möchten, dürfte es auch rein rechnerisch für eine solche Koalition nicht reichen.

Sánchez hat also die Fäden in der Hand. Ganz sicherlich wird er auch weiterhin ein Gegner einer großen Koalition bleiben, denn nur ungern wird er als Junior-Partner auf seinen Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten verzichten. Unklar ist zudem, ob eine große Koalition überhaupt eine Mehrheit hätte. Dadurch dass die PSOE jedoch sowohl um die Gunst von Podemos als auch um die Gunst der Ciudadanos werben kann, bleiben ihr mehr Handlungsoptionen als der PP. Denkbar ist auch eine tolerierte Minderheitsregierung nach andalusischem Vorbild, denn nach der Pattsituation in Andalusien haben sich die Ciudadanos im Gegenzug für enorme inhaltliche Zugeständnisse dazu durchringen können, die Wahl von Susana Díaz zur andalusischen Regionalpräsidentin zu unterstützen ohne dass es bisher zu einer formellen Koalition kam.

Nimmt man also die höheren Zustimmungswerte und die besseren Handlungsoptionen in Betracht, so könnte Pedro Sánchez trotz des aktuellen Rückstands der PSOE in Umfragen auf Rajoys PP am Ende zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Der Wahlkampf bleibt also nach wie vor spannend.

 

Die bisherigen Teile unserer Reihe über die Wahl 2015 in Spanien:

Teil 1 – Die Wahl 2015 in Spanien

Teil 2 – Der Kampf der Unabhängigkeit in Katalonien

Teil 3 – Die andalusische Heide Simonis

Teil 4 – Das Ende des Zweiparteiensystems


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