Spanien befindet sich im Wahlkampfmodus. Am 24. Mai finden in 13 der insgesamt 17 Autonomen Gemeinschaften des Landes Regional- und Kommunalwahlen statt. Um die politische Bedeutung zu bemessen stelle man sich vor, in Deutschland würden in fast allen Bundesländern zeitgleich sowohl Landtags- als auch Kommunalwahlen stattfinden. Es wird erwartet, dass sich der nationale Trend auch lokal niederschlägt, was bedeuten würde, dass die konservative PP massive Verluste erleiden würde und die beiden jungen Parteien, die linke Podemos und die liberalen Ciudadanos, auf breiter Fläche in die Parlamente einziehen.
Wie bedeutend solche Regionalwahlen sein können, zeigt sich am Beispiel von Andalusien. Die sozialdemokratische PSOE sah sich als Siegerin der Wahlen vom 22. März, da man erneut stärkste Kraft werden konnte und die amtierende Regionalpräsidentin Susana Díaz somit einen klaren Regierungsauftrag erhielt. Ihr Versuch, eine Minderheitsregierung zu bilden, ist allerdings kläglich gescheitert, denn ihre Wiederwahl wurde schon drei Mal vom Parlament abgelehnt und sie steht aktuell da wie die andalusische Version einer Heide Simonis. Anders als ihre schleswig-holsteinische Leidensgenossin zieht sie allerdings nicht die persönlichen Konsequenzen, sondern droht mit Neuwahlen. Die Zeit spielt ihr in die Karten, denn die andalusische Verfassung sieht Neuwahlen vor, wenn zwei Monate nach dem ersten Wahlgang keiner der Kandidaten das Vertrauen des Parlaments erhält. Die vier Oppositionsfraktionen im andalusischen Parlament wollen Neuwahlen ebenfalls unter allen Umständen verhindern, verlangen allerdings von Díaz, dass sie ihre Positionen aufweicht und in weitere Sondierungen eintritt. Díaz hat nun die nationalen Parteichefs von PP, Podemos und Ciudadanos kontaktiert, so dass das Thema nun auch zunehmend eine nationale Bedeutung erlangt.
In den Umfragen auf nationaler Ebene gab es im Vergleich zu unserer letzten Darstellung einige bedeutende Verschiebungen.
Die Umfragewerte der regierenden PP befinden sich nach wie vor im dauerhaften Abwärtstrend und liegen aktuell bei rund 23%. Mit dem Wahlslogan “Entweder wir oder das Chaos”, eine klare Anspielung auf Andalusien oder gar Griechenland, betreibt man einen weitgehend inhaltsleeren Wahlkampf. Ein kleiner Motivationsschub kam aus Großbritannien, wo eine ebenfalls regierende konservative Partei besser abschnitt als es die Umfragen es voraussagten. Aktuell ist aber keine Trendwende zu erwarten.
Auf der politischen Linken sind die Veränderungen überschaubar. Die sozialdemokratische PSOE liegt unverändert bei knapp über 20%. Derweil musste die linke Podemos-Bewegung ihre erste Krise bewältigen, als Juan Carlos Monedero, enger Verbündeter von Parteichef Pablo Iglesias und verantwortlich für die politischen Inhalte, seinen Rücktritt aus der Parteiführung bekanntgab. Dies blieb in den Umfragen nicht ohne Auswirkung, denn man liegt aktuell nur noch bei knapp über 20%. Der Trend, dass Podemos der zweiten linken Partei, der Izquierda Unida, das Wasser abgräbt, scheint sich zu bestätigen. Es gibt somit aktuell keine linke Mehrheit in Spanien.
Das Zünglein an der Waage könnte die liberale politische Mitte sein. Die internen Streitigkeiten in der UPyD haben wie erwartet dazu geführt, dass reihenweise Mitglieder austraten und die Partei in Umfragen mittlerweile in der Bedeutungslosigkeit versinkt. Viele dieser Mitglieder und viele Stimmen der liberalen Mitte wandern zu den Ciudadanos, die einen ungebremst starken Zuspruch erhalten. Derzeit liegt man in Umfragen bei rund 18%, erstaunlich bei noch 13% im März und nur 3% im vergangenen Herbst. Dies bestätigt also den Trend, dass die Unzufriedenheit der Wähler mit den beiden großen etablierten Parteien nicht nur der linken Podemos-Bewegung in die Karten spielt, sondern auch der bürgerlichen Mitte. Dies war so nicht zu erwarten, denn Spanien ist kein Land mit liberaler Tradition.
Es ist also klar, dass kein Lager, weder die Linken, noch die Konservativen, noch die Liberalen, eine strukturelle Mehrheit haben und dass Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer stabilen Regierung nötig sein werden. Dies dürfte wohl auch der Grund sein, warum die Lage in Andalusien zu zerfahren ist, denn niemand möchte sich die Blöße geben, aufgrund einer Koalitionsbildung in Andalusien den Eindruck einer Vorfestlegung auf nationaler Ebene entstehen zu lassen. Der wahrscheinlichste Fall wird daher sein, dass Susana Díaz nach Sondierung mit den anderen Parteien von einigen Positionen abweichen und dadurch eine Duldung ihrer Minderheitsregierung erwirken wird.
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