Erbschaftsteuer

Die Rückkehr der Todessteuer – Teil 2

Seitdem die Kapitalismuskritikerin Julia Friedrichs ihr neues Buch „Wir Erben“ veröffentlicht hat, hat ein altes Argument für die Verschärfung der Erbschaftsteuer erneut die Bühne betreten. Das Argument, dass die Vermögensverteilung und damit auch das Vererben von Vermögen eine neue Klassengesellschaft schaffe und damit Chancen für junge aufstrebende Menschen vernichte.

Vermögen und Erbschaft
Eine ähnliche These wurde in der Vergangenheit auch prominent von Thomas Piketty in seinem Buch Das Kapital im 21. Jahrhundert vertreten. Piketty vertritt die These, dass ohne eine Umverteilung von Vermögen durch eine Vermögenssteuer die moderne Gesellschaft der westlichen Industrienationen nicht aufrechtzuerhalten sei.

Diese grundsätzliche Idee wendet Julia Friedrichs gemeinsam mit ihren Freunden in den Redaktionen von ARD und ZDF nun auch auf die Erbschaftsteuer an. Nach ihrer Vorstellung wird die berüchtigte Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinander gehen, denn im nächsten Jahrzehnt würden nach ihren Angaben zwischen zwei und vier Billionen Euro Vermögen in Deutschland vererbt. Dabei wird die Hälfte der Deutschen wohl gar nichts oder nur Schulden erben und acht Prozent würden alleine 40 Prozent des Vermögens erben.

Keine Chancengerechtigkeit
In den vielen Fernsehauftritten behauptet Friedrichs immer wieder, dass diese ungleiche Vermögensverteilung der Chancengerechtigkeit in Deutschland immens schaden würde, da sie eine Generation von Menschen in eine Gruppe von Erben, die sich nicht mehr anstrengen müssten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen und eine Gruppe von Nicht-Erben, die es aus eigener Kraft und durch Arbeit gar nicht mehr schaffen könnten, sozial aufzusteigen oder ihren sozialen Status überhaupt noch zu verteidigen. Die Lösung sei eine höhere Besteuerung von vererbtem Vermögen durch die Erbschaftssteuer, auch wenn diese, angelehnt an das grüne Bundestagswahlprogramm von 2013, zweckgebunden sein soll, um Bildung oder Infrastruktur zu finanzieren.

Wie immer in dieser Serie möchte ich hier die Fadenscheinigkeit der Argumentation von Befürwortern der Erbschaftsteuer aufzeigen. Zuerst das Argument, dass die Hälfte der Deutschen nichts oder nur Schulden erben wird.

Vermögen versus Anspruch an den Staat
Dazu muss man sich die Frage stellen, wie man überhaupt in Deutschland Vermögen aufbauen kann und zu welchem Zweck es in erster Linie gebildet wird. Vermögen entsteht nämlich nur durch Konsumverzicht, also indem man spart. Um das zu tun, braucht man normalerweise aber einen triftigen Grund. Für die allermeisten Deutschen steht die Sicherheitsfunktion des Vermögens im Vordergrund, denn durch das Sparen und das dadurch entstehende Vermögen kann man sich und seine Familie gegen Schicksalsschläge absichern. Aus diesem Grund ist die Sparquote in Deutschland auch traditionell höher als in anderen Ländern.

Der deutsche Staat jedoch hat für die meisten Menschen diese Sicherheitsfunktion übernommen, da er durch die Sozialsysteme ein Sicherheitsnetz geschaffen hat. Dieses Netz schützt ihre Mitglieder vor Lebensrisiken wie Krankheit, Arbeitslosigkeit, Pflegebedürftigkeit, Arbeitsunfällen und stellt eine Versorgung im Alter sicher. Für Beamte gilt das in noch stärkerem Maße.

Für einen Angestellten stellte sich die Situation am Ende seines Lebens oft so dar, dass er meist kein Vermögen aufgebaut hat, aber dafür sehr hohe Ansprüche gegen den Staat. Bei Beamten im Höheren Dienst sind Pensionsansprüche oft wesentlich mehr Wert, als das Vermögen eines Selbständigen oder eines kleinen Unternehmers. Die Verbreitung dieser etwas anderen Art von Vermögen wächst mit dem deutschen Beamtenstaat. Dieses Vermögen aus Ansprüchen an den Staat hat den Vorteil, dass es unabhängig von Schwankungen an den Finanzmärkten ist und auch solange extrem sicher ist, wie der der deutsche Staat solvent ist. Der Nachteil ist, dass es nicht vererbt werden kann.

Für Menschen denen es wichtig ist, der Nachwelt etwas zu hinterlassen, kann dies ein motivierender Faktor sein, sich selbständig zu machen oder ein Unternehmen zu gründen, was selbst für ein staatsgläubiges Land wie Deutschland immer noch enorm wichtig bleibt. Wieso muss dieser Vorteil der privaten Vorsorge durch Vermögen statt durch den Staat im Nachhinein zugunsten der Mitglieder staatlicher Sicherungssysteme wieder durch die Erbschaftsteuer vernichtet werden. Dass nur die Hälfte der Menschen etwas erben kann, ist also den deutschen Sicherungssystemen und den Entscheidungen der Eltern geschuldet und somit ganz bestimmt nicht ungerecht.

Bürokratieabbau statt Erbschaftsteuer
Das zweite Argument, dass das Vererben von Vermögen die Chancen von Menschen behindert, die nicht erben ist schlicht falsch. Dazu wird gerne herangezogen, dass es in anderen Ländern weit mehr Selfmade-Millionäre gibt, als in Deutschland. In den USA sind es circa 80 Prozent in Deutschland nur weniger als die Hälfte. Aber daraus zu schließen, dass dieser Umstand der Tatsache zu verdanken ist, dass in Deutschland zu viel vererbt wird und, dass dieser Zustand sich verbessern würde, wenn der Staat dieses Vermögen stärker besteuerte, das ist einfach nur hanebüchen.

Es sollte jedem klar sein, dass es für einen Lehrer oder einen durchschnittlichen Angestellten sehr schwierig ist, Millionär zu werden, dafür genießen diese vor allem in Deutschland in äußerst hohes Maß an sozialer und finanzieller Sicherheit. Wer aber Millionär werden will, der muss ein hohes Risiko eingehen. Der typische Weg zum Selfmade-Millionär ist der über eine neue Geschäftsidee. Ein Gründer schafft ein Wert für die gesamte Gesellschaft, er schafft Arbeitsplätze, Wachstum und zahlt Steuer und trotzdem hat ein Gründer vor allem in Deutschland sehr hohe bürokratische Hürden zu überwinden, muss sich mit einem der kompliziertesten Steuersysteme herumschlagen, einen viel zu starken Kündigungsschutz und gewaltige finanzielle Verpflichtungen gegenüber dem Staat ertragen. Das sind die Gründe, warum es in Deutschland nicht so viele nach ganz oben schaffen und nicht eine zu geringe Erbschaftsteuer.


Beitrag veröffentlicht

an

in

von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.