Zukunft

Brave New Future II

Vorwort:Gerade in der Politik, aber auch in der Gesellschaft gibt es immer wieder neue Entwicklungen und Ideen. Meistens sind diese gut und bringen die Zivilisation weiter. Wirklich? 

In dieser unregelmäßigen Reihe gehen wir einfach mal den Schritt und denken weiter. Ohne Konsequenzen und bis zum Ende. Alles unter einem positiven Gesichtspunkt. 

Wer weiß, wozu das noch gut ist!

Vor mir, hinter mir, soweit das Auge blicken kann, liegt der Staat der Zukunft.  Ein Staat in dem alles besser geworden ist. Genüsslich schlendere ich eine Straße entlang. Ich kann gefahrlos auf ihrer Mitte flanieren. Links und rechts sind die Fahrradstreifen immer weiter ausgebaut, bis endlich kein Platz mehr für PKWs war. Da heute die Sonne scheint, wie eigentlich jeden Tag in dieser wunderbaren Zukunft, leuchten auch die Solarbetriebenen Begrenzungslichter, die die Fahrradstreifen voneinander trennen. Für einen Moment weide ich mich an ihrem Glanz und bin froh, dass es den Solidarzuschlag noch immer gibt. Hatten die Füchse im Jahr 2015 doch Recht, als sie ihn nicht abschafften. Denn wer wusste damals, zu was er noch gut sein würde. Jetzt bin ich froh, dass durch ihn die beleuchteten Fahrradstreifenbegrenzungsleuchten bezahlt werden konnten. Fahrradstreifenbegrenzungsleuchten, dass Wort ist so wundervoll deutsch, dass ich es gleich mehrmals laut sagen muss, und mir auf der Zunge zergehen lasse.

Gelassen setze ich mich auf eine solidarisch finanzierte Bank und lasse weiter auf mich wirken, was ich so sehe. An mit vorbei spaziert eine Gruppe Männer, die offenbar von ihrer Arbeit kommen. Sie tragen große Aktentasche mit sich herum, es erinnert mich an die Jahre vor dem Digitalboom. Wir sind Stolz darauf, dass Deutschland das einzige Land auf der Welt ist, dessen Unternehmen komplett ohne Internet auskommen. Wir sind stolz, dass wir uns nationale Wahrzeichen wir Aktenordner und kopierte Formulare, sowie Briefmappen bewahrt haben. Tatsächlich lebt immer noch eine große Menge der Deutschen vom gedruckten Papier. Wozu der angeblich verschlafene Netzausbau doch gut gewesen ist. Die Tatsache, dass heute kaum noch jemand das Internet nutzt- oder nutzen kann. Hat auch die elende Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung zum Erliegen gebracht. Die Angst, dass massenhaft digitale Kommunikationsdaten auf Festplatten gespeichert werden müssten, hatte sich so in Luft aufgelöst. Natürlich werden die Kommunikationsdaten noch immer erhoben. Werden jetzt aber in Aktenordnern angelegt. Denn noch auch hier gilt, wer weiß, wozu die Daten noch gut sein können. Im Sinne der Transparenz ist es zum Glück leichter geworden, Einsicht in die Akten zu erhalten. So kann jeder die Daten nutzen, und etwa die Brief- und Telefonverbindungen des sonderbaren Nachbarn überprüfen.

Plötzlich werde ich aus meinem Gedankengang gerissen. Direkt vor meinen Augen spielen sich actionreiche Szenen ab. Eine Frau rennt und kurz darauf ein kleiner Mann aus einem Haus, sie werden dabei von vier Uniformierten verfolgt, sie tragen Schusswaffen. An der Uniform erkenne ich, dass es sich um Mindestlohnbetrugsfahnder handelt. Offensichtlich haben sie gerade ein besonders übles Nest ausgehoben. Den Mann haben sie schnell erreicht und ringen ihn zu Boden. Vermutlich der Chef, welcher eine Woche zu spät, die Arbeitszeiten seiner Mittarbeiter aufgeschrieben hat. Die Frau rennt jedoch weiter. Verfolgt von zwei Beamten. Ein Einsatzfahrzeug, standartmäßig mit Wasserwerfer ausgestattet, fährt aus einer Seitenstraße und Versucht der flüchtigen Mindestlohnbetrügerin den Weg abzuschneiden. Sie springt über die Motorhaube des Ford Fusion (der Staat ist nach wie vor der einzige Kunde, der den Ford Fusion nutzt. Auch jetzt noch, Jahre nach Produktionsschluss).

Da sich die Flüchtige nicht stoppen lässt, eröffnen Sonderkräfte der Mindestlohnfahnder, die aus dem Ford Fusion springen, das Feuer. Mit ihren G36 verfehlen sie die Frau nur knapp und sie kann sich in eine Straßenbahn retten.

Wir sehen: Wer weiß wozu das alles noch gut ist!


Beitrag veröffentlicht

an

in

von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.