Es ist ein einmaliger Vorgang. Der Sprecher des US-amerikanischen Repräsentantenhauses hat den israelischen Premierminister nach Washington eingeladen, um vor dem Kongress zu sprechen, ohne das mit dem Präsident Obama abzustimmen und das auch noch zwei Wochen, bevor Netanjahu selbst in Israel zur Wahl steht. Aus meiner Sicht ein kolossaler Fehler von beiden.
Enge Verbündete
Es ist im Allgemeinen bekannt, dass Obama und Netanjahu nicht das beste Verhältnis zu einander haben, man munkelt, sie könnten sich auch persönlich nicht ausstehen. Dennoch repräsentieren sie zwei Nationen, die so eng wie kaum zwei andere verbündet sind. Gerade im Nahen Osten haben sie viele gemeinsame Interessen, wie der Kampf gegen den IS und die Verhinderung einer iranischen Atombombe.
Die Vorgeschichte
Augenblicklich finden in Genf Verhandlungen zwischen dem Iran und den fünf UN-Vetomächten plus Deutschland über Irans Atomprogramm statt und zumindest für die Dauer der Verhandlungen sind weitreichende Sanktion gegen die Islamische Republik außer Kraft gesetzt. Vereinzelt wird sogar schon berichtet, dass es Ende März zu einem vorläufigen Abkommen kommen könnte. Kritiker sehen allerdings die Gefahr, dass der Iran mit den Verhandlungen nur Zeit schinde, um die Atombombe, ausgestattet mit neuen finanziellen Möglichkeiten, endlich fertig zu stellen.
So sehen das auch viele Republikaner im Repräsentantenhaus der USA, weswegen Sprecher Bohner automatische neue Sanktionen im Falle des Verhandlungsabbruchs beschließen möchte, um mehr Druck auf die Iraner auszuüben. Präsident Obama hingegen hofft auf einen Verhandlungserfolg und hat angekündigt, alle solchen Maßnahmen durch sein Veto zu blockieren.
Die Einladung
In einem beispiellosen Coup hat dann Boehner Netanjahu nach Washington eingeladen, um dem Kongress seine Sicht auf den Verhandlungsverlauf und neue Sanktionen darzulegen, ohne das mit dem Präsidenten abzustimmen. Ein in der Geschichte der USA einmaliger Vorgang, es lässt sich nur mutmaßen, wie empört und erzürnt man im Weißen Haus gewesen sein muss. Normalerweise ist Außenpolitik die Domäne des amerikanischen Präsidenten und ausländische Regierungschefs ins Kapitol einzuladen, ist normalerweise eine Ehre, die ausnahmslos dem Präsidenten zusteht. Doch wie so häufig in der Amtszeit Obamas scheinen die normalen Regeln des Umgangs zwischen Kongress und Weißem Haus nicht zu gelten. Netanjahu, der am 17. März 2015 in Israel zur Wahl steht, nahm die Einladung sogar noch an, in der Hoffnung auf einen Aufschwung in den Umfragen zuhause.
Ein kolossaler Fehler
Aus meiner Sicht hat sich Boehner mit dieser Manöver keinen Gefallen getan. Wenn es ihm helfen sollte sein Sanktionsgesetz durch den Kongress zu bekommen, ist er damit wohl gescheitert, denn im Senat benötigt er die Unterstützung einiger Demokraten, von denen einige prominente Senatoren schon erklärt haben, dem Gesetz unter diesen Umständen auf keinen Fall zuzustimmen. Wenn er Präsident Obama schwach wirken lassen wollte, ist er ebenfalls gescheitert, da nun der Fokus der Öffentlichkeit auf Boehner liegt und er in Erklärungsnot gerät, weshalb er diese Einladung unbedingt hinter dem Rücken des Präsidenten aussprechen musste.
Der vielleicht wichtigste Punkt in der Kritik ist der Fakt, dass es so aussieht, als wolle Boehner die Außenpolitik der USA aus den Händen des Präsidenten reißen und sie nun gemeinsam mit einem fremden Regierungschef selbst in die Hand nehmen. Doch die Amerikaner sind sehr sensibel, wenn es um die die Außenwirkung ihres Präsidenten geht und stehen diesem scheinbaren Ermächtigungsversuch des Kongresses sehr kritisch gegenüber. Überhaupt ist der Kongress äußerst unbeliebt bei den Amerikanern, seine Zustimmungswerte liegen üblicherweise in der Nähe des einstelligen Bereichs, Präsident Obamas liegen aktuell bei 47 Prozent.
Die Republikaner vergessen bei ihrem Umgang mit dem Präsidenten, dass sie selbst bald wieder das Weiße Haus übernehmen könnten. Was hätte ein Präsident Jeb Bush zu solch einer Eskapade zu sagen?
Ob es Premierminister Netanjahu bei seiner Wahl in Israel helfen wird, werden wir dann wohl spätestens am 18. März wissen.
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