Iran-Brief

Iran-Brief zeugt von Mangel an Professionalität im US-Senat

Der offene Brief der 47 republikanischen Senatoren an das iranische Regime zeugt von einem Mangel an Professionalität im Senat der Vereinigten Staaten und stärkt erneut die innenpolitische Position eines außenpolitisch schwachen Präsidenten.

Der Iran-Brief
47 Senatoren der GOP haben einen offenen Brief an die iranische Regierung geschickt, um den Machthabern dort zu erklären, wie das politische System der USA funktioniert. Sie wollten deutlich machen, dass ein Abkommen, das nicht vom Kongress ratifiziert würde, nur eine Vereinbarung zwischen zwei Präsidenten darstelle, die jeder nächste Präsident „per Federstrich“ außer Kraft setzen könne. Unterzeichner des Briefs waren prominente Senatoren wie Senate Majority Leader Mitch McConnell, Marco Rubio, John McCain, Ted Cruz, Rand Paul und Lindsey Graham, von denen einige Aussichten haben, auf dem republikanischen Ticket 2016 zu sein.

Das war nur der letzte Streich in einer Serie von republikanischen Aktionen, die dazu gedacht waren, Druck auf Präsident Obama in den Verhandlungen mit der Islamischen Republik Iran auszuüben. Zuvor wollten die Republikaner schon ein Gesetz beschließen, das automatisch härtere Sanktionen in Gang setzt, sollten die Verhandlungen scheitern. Außerdem hat der Speaker of the House John Boehner den israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu ohne Abstimmung mit dem Präsidenten gebeten, im Kongress zu sprechen. In den USA hat das nicht nur unter den Anhängern des Präsidenten, sondern auch unter vielen Konservativen einen Sturm der Entrüstung ausgelöst und auch viele der Senatoren, die den Iran-Brief unterschrieben haben, versuchen sich nun behutsam davon zu distanzieren.

Obamas katastrophale Außenpolitik
In der Sache selbst hat die GOP sicherlich berechtigte Zweifel am Verhandlungsgeschick Obamas und dem erfolgreichen Ausgang dieser Verhandlungen, die der Präsident mit den Führungsfiguren im Iran führt. Obamas desaströse Bilanz in der Außenpolitik spricht Bände, wie viel Vertrauen der Kongress dem Präsidenten in dieser Sache lassen sollte. Dennoch haben sich was die Kooperation von Legislative und Exekutive angeht, beide Seiten während der Amtszeit Obamas nicht mit Ruhm bekleckert. Doch in dieser Sache hat Obama schlichtweg entgegen gewöhnlicher Gepflogenheiten den Senat nicht in die Verhandlungen eingebunden und somit natürlich auch sichergestellt, dass es von dort aus Widerstand geben wird.

Es ist darüber hinaus auch naiv zu glauben, dass die Außenpolitik in den USA jemals generell unparteiisch gewesen sei. Die Geschichte der USA kennt einige Fälle, in welchen die Partei, die nicht den Präsident stellte, versucht hat, die Außenpolitik ihres Landes über Umwege in eine andere Richtung zu lenken. Als Beispiel sei der Versuch des verstorbenen Senators Edward Kennedy genannt, der versucht hat, einen Dialog mit der Sowjetunion zu Zeiten Reagans aufzubauen, was auch explizit entgegen der Politik des damaligen Präsidenten positioniert war.

Eine dilettantische Strategie
Das wirklich problematische an dieser Angelegenheit ist aber der Dilettantismus, mit dem die Republikaner im Senat dieses Manöver durchgeführt haben. Der Autor des Briefs ist Senator Tom Cotton, der Junior Senator aus Arkansas, der nur wenige Monate Erfahrung im Senat hat. Darüber hinaus sollen nicht wenige der 47 Senatoren den Brief schnell noch auf dem Weg nach Hause, quasi im Gang, unterschrieben haben. Es gab auch keine Debatte in der republikanischen Fraktion darüber, ob und wie ein offener Brief ein geeignetes Instrument sein könnte, um die Außenpolitik der Vereinigten Staaten zu korrigieren. Es hat wohl auch niemanden gestört, dass der für diesen Bereich der Außenpolitik verantwortliche Senator Bob Corker den Iran-Brief nicht unterschreiben wollte. Bob Corker ist der Junior Senator aus Tennessee und Vorsitzender des Ausschusses für Internationale Beziehungen.

Auch der Iran-Brief selber wirkt in Ton, Art und Umfang der Sache unangemessen. Viele Senatoren haben wohl als Begründung oder Entschuldigung angegeben, dass ihnen die Unterschrift von Majority Leader Mitch McConnell als Grund zur Unterschrift ausgereicht habe.

Es ist vollkommen legitim und auch richtig, dass republikanische Senatoren ein Problem mit der Außenpolitik der USA haben und ihre Richtung gegen den Willen des Präsidenten verändern wollen, aber aus strategischer Sicht war der Iran-Brief erneut ein großer Fehler. Denn erstens hätten sich die Senatoren an den Präsidenten oder das amerikanische Volk wenden müssen, wenn sie versuchen wollten, die Außenpolitik ihres Landes zu verändern und nicht an die Regierung eines verfeindeten Staates. Zweitens, auch für den weiteren Verlauf der Verhandlungen scheint der Iran-Brief äußerst schädlich gewesen zu sein, da das Wichtigste für die USA in diesem Augenblick die Glaubwürdigkeit ist.

Konsequenzen für die Verhandlungen
Die USA müssen glaubwürdig sein in Bezug auf die Konsequenzen, die es nach sich zieht, wenn der Iran die Verhandlungen abbrechen sollte. Niemand in den USA geht momentan wirklich davon aus, dass die USA in größerem Maßstab tatsächlich militärisch gegen den Iran vorgehen werden. Die Erfahrungen der letzten beiden Einsätze im Nahen Osten sind noch zu dominant und das amerikanische Volk ist kriegsmüde. Die einzigen Konsequenzen, die dem iranischen Regime nach einem Abbruch also tatsächlich drohen, sind härtere Sanktionen, verdeckte Operationen gegen das Atomprogramm und internationale Isolierung.

Aber dadurch, dass die Republikaner nun die Verhandlungsposition der USA nach außen geschwächt haben, könnten vor allem viele europäische Staaten sowie die Russen und Chinesen, die wichtige Verbündete im Bezug auf die wirtschaftlichen Sanktionen wären, das Scheitern der Verhandlung einem inneramerikanischen Konflikt zuschreiben. Das kann keiner wollen, da es der schnellste Weg zu einem mit einer Atombombe bewaffneten islamistischen Regime im Iran wäre.

Aus meiner Sicht haben die 47 Senatoren ihrem eigenen Land, aber auch der Weltgemeinschaft, die weiterhin hofft, dass eine nukleare Aufrüstung des Nahen Ostens noch verhindert werden kann, einen Bärendienst erwiesen.


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