Beleidigt? Du Sackgesicht!

„Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Lautet es im §185 des Strafgesetzbuches der Bundesrepublik Deutschland.

Brandaktuell ist dieser Straftatbestand bzw. daran angelehnte Straftatbestände, weil der Sartiriker Jan Böhmermann den türkischen Staatspräsidenten Erdogan beleidigt haben soll. Im Falle von Böhmermann greift sogar der §103 des StGB, der speziell für die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten greift. Nun entbrennt erneut eine Diskussion ob Straftatbestände, welche die Beleidigung umfassen, nicht alle unter §185 zusammengefasst werden könnten. Dazu gehört auch der §166 STGB, der die Beschimpfung von Bekenntnissen betrifft.

Man kann sich nun natürlich in Details ergehen und darüber diskutieren wo die Meinungs- und Kunstfreiheit endet und wo eine Straftat beginnt, man könnte aber auch grundsätzlicher über Beleidigung als Straftat nachdenken. Warum sollte es eigentlich unter Strafe stehen, jemanden einen Ziegenficker zu nennen? Die Rechtsprechung geht von einer „Ehrverletzung“ aus, die durch den Staat geschützt werden müsse. In der Praxis ist es aber so, dass Ehre ein sehr schwammiger Begriff ist. Manch einer fühlt sich schon in seiner Ehre verletzt, wenn man ihn als Sackgesicht tituliert. Manch andere ertragen auch den hundertsten „Deine Mudda…“-Witz ohne sich in ihrer Ehre angegriffen zu fühlen. Es stellt sich also schon die Frage ob es überhaupt objektive Maßstäbe für eine Ehrverletzung geben kann, oder ob diese in jedem Fall vom „Geschädigten“ und auch vom verhandelnden Richter abhängt.

Anders als bei der Verleumdung oder der üblen Nachrede ist die Beleidigung nicht von einem objektiven Schaden, der dem Ansehen oder dem Ruf des Betroffenen einen Schaden zufügt, begleitet. Eine Beleidigung ist klar als diese zu erkennen und auch für Außenstehende deutlich als Unwahrheit zu differenzieren. Jedem ist klar, dass der türkische Präsident kein „Ziegenficker“ ist. Deswegen ist diese Beleidigung auch nicht dazu geeignet ein falsches Bild oder eine Unwahrheit über Erdogan zu verbreiten, wie es bei der üblen Nachrede oder der Verleumdung der Fall wäre. Die Beschädigung von Erdogans Ehre ist also ein rein subjektives Empfinden des Betroffenen.

Sollte man also ein Fazit ziehen, wäre es nicht nur die Abschaffung von Sonderstraftatbeständen wie der Beschimpfung von Bekenntnissen und der Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten, sondern die vollständige Abschaffung des Straftatbestandes der Beleidigung. Nur Taten, die Objektiv beurteilt werden können und die auch einen objektiven Schaden beim Betroffenen auslösen und nicht von den Befindlichkeiten der Betroffenen und der Richter abhängen, können in einem Rechtsstaat auch verfolgt und bestraft werden. Deswegen gilt in der ganzen Debatte um Böhmermann und Erdogan: Schafft §103, §166 und §185 StGB ab.


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