#YOLO

#YOLO – Wenn man die eigene Sprache nicht mehr versteht

Zugegeben, in meinem letzten Artikel kam bereits ein ähnliches Thema auf und das aktuelle hat mit dem vorangegangenen durchaus viele Parallelen. Es geht einmal mehr um die deutsche Sprache und ihren allmählichen Niedergang, um die permanente Ausrottung einzelner Wortgruppen, um die zerstörerische Wirkung solcher Satzzeichen wie Kommata, Punkte oder – und das ist seit einiger Zeit der größte Unruhestifter: Der/Die/Das Hashtag.

Nun, per se sieht dieses Doppelkreuz recht harmlos aus, erinnert sogar an das beliebte Spiel Tic-Tac-Toe aus unserer Kindheit. Doch ein einziger Blick in die Social-Network-Welt der heutigen Zeit belegt an fast allen Ecken und Enden meine Theorie, dass das inflationär benutzte Satzzeichen die Stupidität vieler Aussagen nur unterstreicht.

Nehmen wir einmal das Beispiel, dass eine innig verliebte Frau ein gemeinsames Bild von sich und ihrem Liebsten bei Facebook, Instragram oder Twitter veröffentlicht und eine entsprechende Bildunterschrift verwendet. Ging die junge Dame damals noch hin und gab ihrem Post mit Sätzen wie „Ich liebe dich über alles“ oder „Du bist die Liebe meines Lebens“ entsprechenden Ausdruck, reicht heute die Taste neben „Enter“ und die Welt weiß genau, was gemeint ist. „#Liebe“, „#Schatz“, „#IchMussKotzen“ überschwämmen das World Wide Web, sorgt das Doppelkreuz dafür, dass ganze Sätze auf ein Minimum (an Platz und wohlmöglich auch Intelligenz) reduziert wird. #’s sorgen dafür, dass Satzfragmente wie „Ich bin…“, „Ich fühle…“ etc. kontinuierlich der Vergangenheit angehören und sich Germanisten und Sprachwissenschaftler reihenweise nach dem Verstand der heutigen Social-Media-Welt fragen.

Ist es denn so schwer, Subjekt (in der Grundschule blau unterstrichen), Prädikat (meist rot) und Objekt (ich glaube es war gelb, oder?) in das Feld „Was machst du gerade?“ einzufügen? Oder seid ihr in der heutigen Zeit zu sehr mit Selfies und eurer „YOLO“-Einstellung beschäftigt, um eure Zeit ein wenig mehr Intellekt zu widmen? Hier und dort werden Kommata, Bindezeichen und Punkte für Emotionen jeglicher Art missbraucht und heitern diverse Gespräche und Mitteilungen merklich auf. Ich gebe es ja auch offen und ehrlich zu, dass ich bei Nachrichten, die ich empfange und scheinbar ironisch sind, die Ironie erst mit einem Smiley verstehe, und habe mich auch daran gewöhnt, dass diese Zeichensetzungskombination auch außerhalb des Internets – ja, diese Welt gibt es auch noch, meine Freunde – seine Daseinsberechtigung hat.

Doch bei manchen Dingen, bei denen man denken könnte, dass Affen unsere Sprache mitgeformt hätten, geht der Satzzeichen- oder besser gesagt Hashtag-Overkill eindeutig zu weit. Posts wie „#traurig, #tot, #ende, #wut“ oder „#love, #großer tag, #anzug, #kleid, #happy“ sind keine Anzeichen einer modernen Sprache, es sind die ersten Anzeichen einer ansteckenden Krankheit, die neben Milliarden von Hirnzellen nur ein einziges Opfer kennen: Die Sprache per se.

So ist es nur eine Frage der Zeit, wann Vokale (Selbstlaute, meine lieben Freunde, also A, E, I, O und U) nun endgültig aus unserem Alphabet verbannt und durch Zahlen, Hieroglyphen oder den überall stark beliebten Hashtags ersetzt werden. Also bitte vergesst bei den ganzen Posts, Fotos, Selfies und „YOLO“-Wagnissen doch bitte nicht die Fähigkeit, euch richtig und – zumindest halbwegs – grammatisch korrekt zu artikulieren. Falls ihr Hilfe brauchen solltet und vor lauter #-Wahn nicht mehr wisst, wie man den Satzbau meistert, komme ich gerne mit Buntstiften vorbei und mit ein wenig Arbeit seid ihr wieder auf dem Stand der 2. Klasse. Toi toi toi!  


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