Venezuela - Caracas - Kommunismus

Krieg, Korruption und Kommunismus – Ein Trauerspiel

Venezuela steht vor dem Ruin. Das Land, das paradoxerweise die größten Ölvorkommen der Welt hat und locker ein Wohlstandniveau wie die Vereinigten Arabischen Emirate erreichen könnte, ist pleite. Trotzdem steht ein großer Teil immer noch hinter dem Präsidenten Nicolás Maduro. Wie der Kommunismus sich selbst abschafft:

 

Caracas, Venezuela: Emilia Gonzáles wartet. Stundenlang, manche haben sogar vor dem Laden übernachtet. Doch hier geht es nicht um das neuste IPhone, das ähnliche Szenarien auch in den Vereinigten Staaten hervorruft, sondern um grundlegende Lebensmittel wie Fleisch, Putzmittel oder Butter. Auch fehlt es an Maismehl, dem Grundstoff der Maisfladen, dem Volksnahrungsmittel vieler Venezolaner. Und so sind viele kreativ geworden. Der Schwarzmarkt blüht wie in keinem anderen lateinamerikanischen Land, wer ein gutes Netzwerk aufgebaut hat, bekommt per SMS oder Anruf mit, wann der nächste Laden was im Angebot hat. Gekauft wird alles, was es gibt, im Zweifel kann man es irgendwo gegen Nahrung eintauschen.

Szenenwechsel: Blühende Landschaften, Arbeit und Wohlstand für alle, Liebe, Frieden und Gerechtigkeit. Die Vorstellungen der kommunistischen Revolutionäre um Hugo Chávez sind gründlich gescheitert. Dabei lief anfangs alles nach Plan. Der Offizier und Politiker Chávez, ein glühender Anhänger des Unabhängigkeitskämpfers und ersten Präsidenten von Großkolumbien, Simón Bolivar, politisierte sich während seines Dienstes beim Militär und knüpfte dort wichtige Kontakte. Doch der erste Putschversuch scheiterte und Chávez wanderte für 2 Jahre ins Gefängnis. Direkt nach seiner Freilassung erklärte er öffentlich seine Kandidatur für die Präsidentschaft, seine Beliebtheitswerte lagen schon damals bei 55%.

Um das zu verstehen muss man bedenken, dass Venezuela von Staatskrisen, Korruption und sich wiederholenden Militärputschen bestand, das Land war arm und brauchte das Geld. Die Bevölkerung wünschte sich einen starken Mann an der Spitze – Chávez versprach Sicherheit und Wohlstand, nutze damit die Ängste und Sorgen der Menschen gnadenlos aus.

So ist es auch kein Wunder, dass Chavez bei der darauffolgenden Wahl mit 56% gewählt wurde, die etablierten Parteien waren weit abgeschlagen. Es folgte eine neue Verfassung und nach seiner erneuten Wiederwahl auch die systematische Besetzung der Funktionäre der Gewerkschaften mit linientreuen Anhängern. Die nächsten Jahre bestanden hauptsächlich aus Demonstrationen, Schießereien, einem Putsch, einem Volksreferendum zu seiner Abwahl, Streiks und bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Doch Chávez und seine Anhänger konnten sich halten –  militärisch und demokratisch, was unter anderem am zerstrittenen bürgerlichen Lager lag. Er schaffte es, die wichtigsten Unternehmen zu verstaatlichen, legte Höchstpreise für Güter fest und bestach das Volk mit einem Benzinpreis, der bei 0,02 Euro pro Liter lag. Korruption und Vetternwirtschaft florierten, ausländische Investoren waren schon lange weg.

Bis zu seinem Tod im März 2013 veränderte Chávez sein Land grundlegend. Um seine Vision, der „Zerschlagung der bürgerlich-demokratischen Kultur, dem Sieg über den Imperialismus durch eine neue Bündnisstruktur und dem Aufbau des Bolivarischen Sozialismus durch Volkskommunen als Ausgangszellen der neuen Gesellschaft und des neuen sozialistischen Staates“ zu verwirklichen, ging er über Leichen. Heute, unter seinem charakterlosen Nachfolger, Präsident Nicolas Maduro, steht das Land vor dem Abgrund. Profitierte Venezuela durch das größte Ölvorkommen der Welt und leistete sich somit einen halbwegs funktionierenden Kommunismus, war es nur eine Frage der Zeit bis dieser an den Realitäten des Marktes zerschellte. Ende 2014 fiel der Ölpreis dann – das Aus für die Volkswirtschaft. Seitdem klagen die Menschen über den Mangel an Nahrung, Arbeit und Freiheit – genau diese Dinge, die die Sozialisten eigentlich bekämpfen wollten. Die Inflation lag 2014 bei geschätzten 70 Prozent, finanziell geht dem lateinamerikanischen Land gerade das Geld aus, ein Staatsbankrott ist denkbar. Doch damit nicht genug. Durch die Planwirtschaft werden Kondome unbezahlbar, ein Horror für das Gesundheitswesen.

Protest dagegen gibt es kaum. Für viele in der Opposition ist der Freiheitskämpfer Léopoldo Lopéz die große Hoffnung, doch der sitzt seit Monaten wegen fadenscheinigen Anschuldigungen in Untersuchungshaft. Die amerikanische Staatsanwaltschaft ermittelt hingegen gegen den Präsidenten der Nationalversammlung Diosdado Cabello, dem zweitmächtigsten Mann im Staat und gegen weitere hochrangige Mitglieder der Regierung wegen Drogenschmuggels. Nach ihren Ermittlungen sollen sie Venezuela in einen riesigen Schmuggelplatz für Kokain verwandelt, Cabello selber stritt diese Anschuldigung in seinem eigenen TV-Sender ab.

Die Armut der Durchschnittsbevölkerung hat andere Probleme. Doch die Regierung weigert sich bis auf Weiteres, den Markt zu öffnen oder wenigstens die Mindestpreis für Lebensmittel aufzuheben. Stattdessen erhöhte Maduro zuletzt das Lehrergehalt um 50%, den Mindestlohn um 15%. Freunde helfen gerne, den „Wirtschaftskrieg“ gegen die USA zu unterstützen, das staatliche russische Mineralölunternehmen Rosneft half vergangene Woche mit Milliardeninvestitionen aus. Doch so langsam wendet sich das Blatt. Wenn der Hunger kommt, machen Feindbilder und Ideologien die Bevölkerung nicht satt. Der Kommunismus ist gescheitert.

 


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Kommentare

Eine Antwort zu „Krieg, Korruption und Kommunismus – Ein Trauerspiel“

  1. Avatar von Reiner Schöne
    Reiner Schöne

    Man hat doch in Venezuela keinen wirklich funktionierenden Kommunismus erwartet, die halbe Welt war Kommunitisch mit unterschiedlichen Ansätzen, funktioniert hat kein Versuch. Im Gegenteil heute will und beanstprucht deusche Kommunisten einen erneuten Versuch. Die Frage muss lauten: Wieviel Chancen braucht der Kommunismus noch um zu begreifen, es kann und wird, nie einen funktionierenden Kommunismus geben, denn es gibt keine Menschen die gleich sind.

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