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„sponsored by:“ – Die Zukunft des Onlinejournalismus?

„Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern“

Es ist schon lange bekannt, dass Nachrichten schnell an Aktualität und somit an Wert verlieren. Das obige Sprichwort zeigt jedoch auch, dass sich zwischen dessen Entstehung und heutigen Zeit wiederum Einiges getan hat.
Sitzt man heute am Frühstückstisch und schlägt die Zeitung auf, bemerkt man unweigerlich, dass man von vielen der dort abgedruckten ‚Neuigkeiten’ schon seit gestern weiß. Die großen grauen Papierseiten dienen häufig nur noch als raschelnder Wall zur Vermeidung von morgendlichen Gesprächen. Ähnlich verhält es sich mit den Fernsehnachrichten, die der brave Bürger um 20:00 Uhr im eingespielten Ablauf seines Abendrituals konsumiert. Hier wird beispielsweise in ernstem Ton über einen Flugzeugabsturz berichtet, von dem man aber auch schon seit der Mittagspause weiß.
Meine Oma wundert sich stets woher „die jungen Leute das alles so schnell wissen können“. Leider scheiterte ich bislang darin ihr eine brauchbare Vorstellung vom sagenumwobenen Internet vermitteln zu können.
Ich, ebenso wie Millionen anderer Menschen, beziehe heute den Großteil der für mich relevanten Nachrichten und Informationen aus dem Netz. Die Vorteile liegen klar auf der Hand. In Kombination mit einem mobilen Empfänger, wie etwa dem Handy, sind Informationen immer und überall verfügbar. Zwischen einem Ereignis irgendwo auf der Welt und meiner Kenntnis davon liegen im besten Fall nur noch Sekunden.  News können heute interessenspezifisch angefordert und über die sozialen Netzwerke geteilt und empfangen werden. Relevante Informationen sind verlustfrei und ohne Mehraufwand speicherbar. Das Beste an diesen Inhalten ist jedoch, dass sie vermeintlich kostenlos sind!

Die oben beschriebenen Vorteile gegenüber Print und Fernsehen führten dazu, dass sich eine sukzessive Abwanderung von Zeitungs- und Magazinlesern ins Netz vollzog.  Der Printjournalismus geriet durch die resultierenden herben Absatzeinbußen und stark sinkenden Werbeeinnahmen in die viel zitierte ‚Krise’.
Natürlich versuchten die Verlage den Nutzern ins Netz zu folgen und eben dort ihr Stück vom Kuchen zu ergattern, doch schnell wurde deutlich, dass im hier andere Regeln gelten.
Es gibt einige Eigenschaften des Internets und seiner Nutzer, die die Monetarisierung von journalistischen Inhalten deutlich erschweren:

  • Digitalität: Die Veröffentlichung von Inhalten im Netz hat den Vorteil, dass wenn das Produkt erst fertiggestellt ist, die variablen Kosten nahezu bei null liegen. Ein Text ist ohne Mehrkosten unendlich vervielfältigbar. Was auf der einen Seite zwar Druckkosten spart, ist auf der anderen Seite ein offenes Tor für Raubkopierer und Inhaltsdiebe, die das geistige Eigentum anderer den interessierten Nutzern kostenlos zur Verfügung stellen.
  • User-Mentalität: Bei vielen Internetnutzern herrscht noch die romantische Vorstellung vor, dass alle Inhalte im Netz kostenlos für jeden zugänglich sein sollten. Auch wenn sich diese Einstellung im Bezug auf E-Books, Musik und Filme langsam wandelt, scheint sie für ein Produkt mit einer derart kurzen Haltbarkeit wie Nachrichten noch weitgehend unverändert.
  • Der Prosumer:  Heute ist es auch für technische Laien ein Leichtes selbstgeschriebene Artikel im Web zu veröffentlichen. Hierdurch entsteht ein großes Angebot von alternativen Quellen für ähnliche Inhalte und eine starke Konkurrenz um Aufmerksamkeit. Der frühere Konsument kann heute zum Produzenten werden, da zur Veröffentlichung keine Druckerpresse und kein analoges Verteilernetzwerk mehr benötigt wird. Das Informationsmonopol der Verlage und Sender ist gefallen. Gleichzeitig ist die Qualitätskontrolle der jeweiligen Inhalte ein ganzes Stück schwieriger geworden. Das geschriebene Wort, welchem früher immer ein höherer Wahrheitsgehalt beigemessen wurde, ist diesbezüglich entwertet. Einzig der Journalist einer namhaften Zeitung oder Institution hat den Druck einigermaßen fundiert zu berichten. Die anderen haben nichts zu verlieren. Hier muss der Leser selber abwägen, welchem Autor er sein Vertrauen schenken will und das unter Einbezug der jeweiligen angenommenen Absichten und Geldgebern des Autors.

Als Folge auf diese Umstände, sind die meisten Versuche ein praktikables Vergütungssystem für Onlinejournalismus einzuführen, wenig erfolgreich. Abo-Systeme die ein E-Paper der Zeitungen anbieten werden kaum genutzt und als zu umständlich angesehen.
Als die New York Times versuchte eine Paywall einzurichten, waren am nächsten Tag nahezu alle einschlägigen Blogs mit Anleitungen zur Umgehung dieser „Sperre“ überflutet. Inhalte die eigentlich nur mittels Premiumzugängen einsehbar sein sollten, findet man tagesaktuell auf diversen Downloadseiten.

Den Zugang zum Inhalt erst nach Bezahlung zuzulassen scheinen für den Moment eine wenig erfolgreiche Strategie darzustellen. Mit der Schaltung von Werbung bietet sich dann aber eine Einnahmemöglichkeit, die z.B. im Privatfernsehen schon seit Langem erfolgreich Anwendung findet.
Wenn ein Verlag jedoch alleine auf Werbeeinnahmen angewiesen ist und jedem einzelnen Artikel exakt monetäre Werte zugewiesen werden können, dann sind auch Anpassungen in Gestaltung und Inhalt unausweichlich.
Klickzahlen und Aufmerksamkeitsspannen sind die Währungen mit denen in diesem Modell bezahlt wird, daher werden Inhalte im Onlinejournalismus zunehmend reißerisch, populistisch und bunt gestaltet. Infotainment läuft besser und ist günstiger als so mancher aufwändig recherchierter Qualitätsartikel. Wenn also der Nippelblitzer von Ms. Hollywoodsternchen mehr Klicks generiert als irgendeine langweilige Steuerreform, dann dürfte unabhängig von der jeweiligen Tragweite der Inhalte klar sein, dass nur die enthüllte Brustwarze inklusive Beweisfoto zum Leitartikel avanciert.

Dass durch ein solches Finanzierungsmodell die journalistische Unabhängigkeit nicht lange aufrechterhalten werden wird, dürfte ersichtlich sein. Stellt sich ein Journalist erst die Frage, ob der Bericht über den neuen Sportwagen insgesamt nicht vielleicht doch etwas positiver ausfallen könnte, damit das passende und zufällig neben dem Artikel prangende Werbebanner noch ein paar Klicks mehr bekommt, ist es mit dem Pressekodex nicht mehr weit her.
Von hier ist es dann nur noch ein kleiner Schritt zur Aufhebung der Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbung. Dann könnten Firmen Journalisten oder Artikel sponsern und Journalisten könnten ab und an erwähnen warum es gerade jetzt günstig ist in Tropenholz zu investieren, oder dass so ein Unfall mit dem mit dem neuen SUV von Marke X wahrscheinlich keinen tödlichen Verlauf genommen hätte. Die zunehmende Verwendung von „Native Advertising“, also Werbung die kaum von redaktionellen Inhalten zu unterscheiden ist, könnten als erstes Anzeichen für eine solche Entwicklung gedeutet werden.

So wenig hilfreich die Fixierung auf Werbeeinnahmen für  Qualitätsjournalismus zu sein scheint, so wenig beliebt ist die Werbung bei den Nutzern. Das zeigt der vermehrte Einsatz von Werbeblockern, die alle Formen von Werbung aus Webseiten entfernen sollen, allerdings auch verhindert, dass der Autor des Textes Werbeeinnahmen erzielt.
Der Onlinejournalismus steht also an einem Scheideweg. Einerseits könnte die Werbung in den Inhalt überführt werden und somit unlösbar mit diesem verschmelzen, andererseits würde dies über kurz oder lang die Glaubwürdigkeit und Reputation des Onlinemediums zerstören.

Wichtig ist zu verstehen, dass die Journalisten oder Verlage nicht von sich aus beschließen werden plötzlich wieder nur hochwertigen Journalismus anzubieten und dann abzuwarten, bis die Leser dies so sehr zu schätzen lernen, dass sie dafür bezahlen wollen. Auch Journalisten sind tatsächlich nur Menschen und müssen ab und an etwas essen, daher werden sie vermeintlich kurzsichtig und unideologisch handeln, um ihr nötiges Kleingeld zu verdienen.

Was letztlich erreicht werden müsste, ist ein Umdenken der Leserschaft in Verbindung mit  innovativen Lösungen. Nutzer sollten langfristig ihre Verweigerungshaltung gegenüber Bezahlsystemen für Nachrichtenformate ablegen.
Aber auch die Onlinemedien müssen Lösungen finden den Zugang zu Inhalten so einfach wie möglich zu halten. Denkbar wären hier etwa Plattformen, die monatliche Newsflatrates mit den Inhalten verschiedener Onlinemedien anbieten.
Einen anderen Weg hat die TAZ eingeschlagen und mit wiederholten Apellen an die Einsicht der Leser und der Bitte zur freiwilligen Zahlung bis November 2014 Einnahmen von 300.000 Euro generiert.

Noch ist also nicht klar erkennbar, wohin sich der Onlinejournalismus und seine Erlösmodelle entwickeln werden. Dank der zunehmenden Alltäglichkeit des Bezahlens für digitale Produkte, besteht jedoch eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich auch für den Onlinejournalismus ein praktikables System außerhalb von reiner Werbefinanzierung oder Bezahlung auf freiwilliger Basis finden wird.


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