Die deutschen schätzen ihre Kanzlerin. Kein anderer deutscher Regierungschef konnte sich während seiner Amtszeit solch großer Zustimmung des Volkes sicher sein wie Angela Merkel. Sie ist erhaben über jede Kritik. Sie kann in der Atompolitik eine 180-Grad-Wende machen, die NSA kann mit Hilfe des BND in Europa freidrehen und selbst wenn sie die Queen mit gestammelten „Denglisch“ und einfacher Garderobe empfängt, wird dies als große Bescheidenheit glorifiziert. Doch jenseits dieser „Fauxpas“ haben wir aktuell einen Fall der noch nie so eindeutig gezeigt hat, dass diese Kanzlerin gescheitert ist: Die Euro-Krise
Entgegen jeder Warnung aus den Reihen ihrer damaligen Koalition, der Zunft der Ökonomen, der Wutbürger aus der BILD-Redaktion und der Linken, schnürte sie im Jahr 2010 das erste „Griechenland-Rettungspaket“. Obwohl versprochen wurde, dass dies eine einmalige Ausnahme bliebe, wurde seitdem so ziemlich jede selbst gezogene „rote Linie“ innerhalb von kurzer Zeit überschritten. Die „Krönung“ dieser ganzen Rettungsversuche bestand im so genannten ESM (Ständiger Europäischer Stabilisierungsmechanismus).
Diese Überschreitungen jeglicher Regeln unserer europäischen Währungsunion wurde konsequent von einem Grummeln in ihrer eigenen Fraktion begleitet. Zudem zeigen regelmäßige Umfragen und auch der Ton innerhalb der deutschen Bevölkerung, dass diese Kanzlerin gegen den erklärten Willen des Volkes handelte, ohne dass eben dieses vermochte, es zu bemerken.
Die angebliche Solidarität
Die Kritik an den Rettungspaketen wurde von Merkel geschickt mit Ansagen wie „Geld nur gegen Reformen“ und deutschtümelnden Aussagen ihres Fraktionschefs Volker Kauder: „In Europa wird jetzt deutsch gesprochen“, eingefangen. Man verkaufte zudem diese „Rettung“ als solidarische Geste unter Europäern für die die Griechen doch gefälligst dankbar zu sein haben.
Doch woraus bestehen eigentlich diese Hilfen? Im Kern handelt es sich um einen bail-out der Gläubiger Griechenlands, welche sich aus Privaten zusammensetzte. Nach dieser „Rettung“ haben nun die europäischen Steuerzahler diese Rolle übernommen. Die dazugehörige Parole lautete: „Wir verschaffen euch Zeit, dafür spart ihr euch gesund.“
Diese Strategie ist allein deshalb schon ein Skandal, weil sie die eigentlichen Gläubiger aus der Verantwortung nimmt. Solange diese daran verdient haben, haben sie die Schuldtitel gehalten. In dem Moment wo Verluste drohten wurden sie durch die Merkel’sche Rettungspolitk übernommen. Kurz: Gewinne privatisiert, Verluste sozialisiert. Ludwig Erhard drehte angesichts dieser Politik ein paar Runden in seinem Grab.
Dazu kommt aber noch der Anwendungsbereich dieses fatalen Dammbruchs in der jungen europäischen Währungsgeschichte. Griechenland ist ein zutiefst marodes Land. Manche blöden Sprüche über die Steuermoral oder die Effizienz der Verwaltungen dort besitzen durchaus eine berechtigte Grundlage. Oben drauf ist das politische System von Grund auf kaputt. Über mehrere Jahrzehnte wurde der Staat von den beiden größten Parteien des Landes regelrecht ausgenommen. Der Vorwurf der Klientelpolitik gegenüber den Parteien in Deutschland, egal welcher Couleur, verblassen angesichts der Schamlosigkeit der ehemaligen griechischen Elite.
“Die göttliche Prüfung”
So ein Land kann nur durch einen tiefgreifenden Neuanfang wieder zurück auf die Beine kommen. Doch diese Chance wurde verpasst. Die Konsequenzen sind ein Griechenland ohne Wachstum, zu Grunde gerichtet von einer einseitigen Sparpolitk und ohne Zukunft auf baldige Besserung. Die Bevölkerung hat sich aus Verzweiflung über die Jahre zunehmend radikalisiert. Das Ergebnis ist die Querfront-Koaliton bestehend aus „Syriza“ (linkspopulistisch) und „ANEL“ (rechtspopulistisch), bei gleichzeitiger Tolerierung durch die “Goldene Morgenröte” (Slogan: Wir zeigen zwar den Hitler-Gruß, aber dafür sind unsere Hände sauber.”).
Diese Truppe ist nun bereit alles zu tun, um das „neoliberale Spardikat“ mit allen Mitteln loszuwerden. Unterstützt werden sie dabei von einem international annerkannten Spieltheoretiker, welcher nicht davor zurückschreckt seine Theorien 1:1 in die Praxis umzusetzen. Die Vorraussetzung für diese Verhandlungsstrategie liegen in der fatalen Politik der Schuldenbürgschaften und dem seit 2010 ausgegeben Mantra:“Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.“ Allein deshalb ist man seitens der griechischen Regierung in der komfortablen Situation am längeren Hebel zu sein und Europa an der Nase herumzuführen.
Am Ende versucht man nun mit einem Referendum den Gläubigern die Pistole auf die Brust zu setzen. Ob das wirklich auch so klappt, ist angesichts der knappen Umfragen nicht sicher. Die Griechen sind durch die Einschnitte seit den geplatzten Verhandlungen so mürbe, dass sie eventuell sogar eher bereit wären sich wieder Angela Merkel auszuliefern, als ihrem eigenen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras.
Jetzt bleiben nur noch zwei Alternativen:
- Man einigt sich. Dies würde u.a. bedeuten: Ein drittes Hilfsprogramm, eine Schuldenerleichterungen und ein milliardenschweres Investitionspaket. Sollte es hilfreich für die Entscheidungsfindung sein, könnte man dies auch „Merkel-Plan“ nennen. Flankiert sollte dies durch einen mutigen europäischen Integrationsschritt, der neben der bestehenden Währungsunion nun die längst überfällige Wirtschaftsunion in Angriff nimmt. Bemerkenswert, dass gerade jemanden wie Schäuble, der die Wiedervereinigung und die damit verbundenen Einführung der deutschen Währungsunion aktiv mitgestaltet hat, so etwas nicht einfällt…
oder
- Der „Grexit“. Dieser wäre politisch gesehen eine Katastrophe. Nicht nur könnte er das „Projekt Euro“ als Ganzes in Frage stellen. Die übrigen Euro-Länder würden einen erheblichen Verlust an Steuermilliarden erleiden. Im Gegenzug hätten die Griechen die Möglichkeit mit einer eigenen Währung zur äußeren Abwertung. Hinter diesem möglichen Schritt stehen aber auch Millionen menschliche Schicksale. Man sollte diese Option wirklich genau überlegen.
Die Kanzlerin jedoch hat sich entschieden zu warten und ohne einen Plan in die kommende Woche zu gehen. Damit arbeitet sie auf Hochtouren darauf hin als „Europa-Killerin“ in die Geschichte einzugehen.
Aber auch das wird man ihr sicher vergeben…
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