Müller-Urteil

Das Müller-Urteil

Das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz im Fall Heinz Müller hat in der vergangenen Woche für sehr viel Wirbel gesorgt. Was war eigentlich passiert?

Der damalige Mainzer Torhüter Heinz Müller hatte einen Vertrag bis zum Sommer 2014. Darin enthalten war eine Klausel, die besagte, dass sich der Vertrag automatisch verlängert, sobald Müller auf eine gewisse Anzahl an Spielen kommt. Thomas Tuchel, zu dieser Zeit noch Trainer des FSV Mainz 05, war mit Müllers Leistungen nicht zufrieden und versetzte ihn in die zweite Mannschaft. Müller sah sich dadurch um die Chance einer Vertragsverlängerung gebracht und zog vor Gericht. Der Fall verselbständigte sich aber: Plötzlich ging es nicht mehr konkret um Müllers Vertrag, sondern im Allgemeinen um die Frage, ob Profifußballvereine die Verträge mit ihren Spielern befristen dürfen. Das Gericht entschied zu Gunsten von Müller und berief sich auf die geltende Rechtslage, nach der eine Befristung maximal zwei Jahre dauern dürfe oder ein Sachgrund vorliegen müsse. Da es bereits der zweite Vertrag von Müller war, schied Ersteres aus; Letzteres sah das Gericht als nicht gegeben an. Der FSV Mainz 05 hat angekündigt, in Berufung zu gehen.

Der Mainzer Präsident Harald Strutz ist der Meinung, das Urteil könne weitreichende Auswirkungen haben wie das Bosman-Urteil. Doch ist dem wirklich so? Zunächst sollten wir uns vergegenwärtigen, was der Inhalt des sogenannten Bosman-Urteils war:

Im Jahr 1990 verklagte der belgische Profi-Fußballer Jean-Eric Bosman seinen damaligen Verein RFC Lüttich. Bosmans Vertrag lief aus und er wollte zum Ende der Laufzeit zum französischen USL Dünkirchen wechseln, doch sein Verein verlangte eine Ablösesumme. Der Europäische Gerichtshof entschied 1995, dass dadurch die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU verletzt sei. Fortan durften Spieler nach Vertragsende ablösefrei wechseln und jegliche Ausländerbeschränkungen gehörten der Vergangenheit an. Dies stellte damals eine Revolution im europäischen Fußball dar. Heute ist das Urteil so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass man fast schon meinen könnte, es sei schon immer so gewesen.

Davon, dass das Müller-Urteil eine ähnliche Wirkung entfalten könnte wie das Bosman-Urteil, ist aktuell nicht auszugehen. Es handelt sich zunächst nur um die Einzelmeinung des Mainzer Arbeitsgerichs und bisher liegt noch nicht einmal eine schriftliche Urteilsbegründung vor. Aufgrund der angekündigten Berufung ist zu erwarten, dass das Landes- und eventuell auch das Bundesarbeitsgericht noch über den Fall urteilen werden. Die konkrete Frage wird sein, ob ein Sachgrund zur Befristung vorliegt. Ich persönlich bin der Ansicht, dass dies definitiv der Fall ist, denn schließlich ist bei einem Profifußballer ungewiss, inwieweit er überhaupt in der Lage ist, seine Arbeitskraft über einen längeren Zeitraum zu erbringen. Der Sachgrund ist quasi immanent, denn ohne Befristung von Spielerverträgen würden einige Profivereine wohl bis heute ehemalige Spieler beschäftigen, die heute 65 Jahre alt wären und noch immer von ihren unbefristeten Verträgen aus den Siebzigern zehren würden. Dies wäre absurd und kann nicht das Ansinnen des Gesetzgebers gewesen sein.

Das Urteil besitzt also durchaus eine gewisse Sprengkraft und der Verlauf des Berufungsverfahrens wird aufmerksam verfolgt werden. Es ist allerdings noch viel zu früh, um den Teufel an die Wand zu malen oder schon jetzt Konsequenzen abzuleiten.


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