Am vergangenen Sonntag durfte die spanische Bevölkerung erneut an die Wahlurnen schreiten, um ein neues nationales Parlament zu wählen. Dabei taten sie es doch zuletzt im Dezember 2015, vor einem guten halben Jahr.
Die Geschehnisse lassen sich schnell zusammenfassen: Die Wahl im Dezember 2015 war eine historische Zäsur, da das spanische Zweiparteiensystem, bestehend aus der konservativen PP und der sozialdemokratischen PSOE, das seit dem Ende der Franco-Diktatur bestand, ein für alle Mal beendet wurde. Der Grund hierfür war der Einzug der sozialistischen Gruppierung Podemos (mit knapp 21%) und der liberalen Ciudadanos (rund 14%), der dafür sorgte, dass es fortan vier große Parteien gibt.
Dementsprechend schwer tat sich die spanische Politik, neue Bündnisse jenseits der alten und verhärteten Fronten zu schmieden. Alle möglichen Koalitionsoptionen hatten entweder keine Mehrheit oder man kam aufgrund inhaltlicher Differenzen nicht zusammen. Der amtierende Ministerpräsident Mariano Rajoy von der PP blieb daher bis auf Weiteres im Amt. Schlussendlich war es schlicht und einfach ein Versagen der Politik, die es nicht vermochte, eine stabile Regierung zu bilden. Da ihnen das Wahlergebnis nicht passte, musste eine neue Wahl her, und so war Spanien aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen.
Wenig überraschend ist, dass das nun vorliegende Ergebnis nicht grundlegend vom Ergebnis der Wahl im Dezember abweicht. Man hat zwar ein neues Parlament, aber die Machtverhältnisse bleiben bestehen, und damit auch die altbekannten Probleme. Die konservative PP von Ministerpräsident Rajoy bleibt stärkste Kraft und konnte Sitze hinzugewinnen, verfehlt aber erneut deutlich die absolute Mehrheit.
Die deutsche Medienlandschaft unterlag einer großen Fehleinschätzung als sie verlautbarte, die sozialistische Podemos mit ihrem Anführer Pablo Iglesias würde als Gewinner aus der Wahl hervorgehen und die PSOE als zweitstärkste Kraft ablösen. Zwar verlor die PSOE leicht, doch Podemos konnte im Vergleich zur Wahl im Dezember 2015 keine bedeutenden Zugewinne erzielen. Somit bleiben sie erneut nur dritte Kraft hinter PP und PSOE. Die liberalen Ciudadanos verloren leicht und büßten rund 20% ihrer Sitze ein, bleiben aber mit großem Abstand die viertstärkste Kraft.
Wenn es am gestrigen Wahlabend überhaupt einen Sieger gab, dann ist es Mariano Rajoy, der gemeinsam mit seiner Partei PP seinen Machtanspruch als stärkste Fraktion nicht nur untermauern, sondern sogar spürbar ausbauen konnte. Dies erhöht insbesondere den Druck auf die PSOE, die sich bisher dagegen sträubt, als Junior-Partner in eine große Koalition einzutreten.
Doch nicht nur auf die PSOE wächst der Druck, sondern auf die spanische Politik im Allgemeinen. Der Wähler hat nun ein zweites Mal abgestimmt und ein nahezu identisches Votum abgegeben. Weitere Wahlen würden sicherlich ebenfalls kaum etwas an den Machtverhältnissen ändern, sondern schlicht und einfach die spanische Demokratie noch weiter schädigen. Umso wichtiger wird es sein, nun endlich den Wählerwillen zu akzeptieren, über den eigenen Schatten zu springen und eine stabile Regierung zu bilden.
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