Die Milchmädchenrechnung

Wir sind alle gerettet! Mindestens 100 Millionen Euro Subventionen will Agrarminister Christian Schmidt den deutschen Milchbauern zukommen lassen, um die Welt vor dem Untergang zu bewahren. Romuald Schaber, seines Zeichens Vorsitzender des Bundesverbands deutscher Milchviehalter (BDM), verlangt gar 30 Cent pro nicht-produziertem Liter Milch.

Das ganze Schauspiel um den Milchpreis und die gnadenlose Überproduktion deutscher Milchbauern wirkt fast wie ein fiktives Negativbeispiel aus einer Vorlesung „Ökonomie für Vollidioten“. Denn genau daran scheint es hier zu scheitern: Einem ökonomischen Grundverständnis oder dem Willen dazu, Fakten wahrzunehmen.

Es gibt zu viel Milch. Darin sind sich alle einig. Der Preis für diese Milch ist zu gering, um damit dauerhaft alle Bauern als Marktteilnehmer zu erhalten. Auch darin sind sich alle einig. Wie man aber nun eine Lösung findet, daran scheiden sich die Geister. Die Bauern haben natürlich ein Interesse daran, dass keiner von ihnen in die Insolvenz geht. Statt aber auf andere Geschäftsmodelle umzusatteln oder freiwillig den Markt zu verlassen, pochen sie auf ihr Existenzrecht und rufen nach dem Geld der Steuerzahler. Agrarminister Schmidt ist bereit, es ihnen zu geben. Statt also die Überproduktion durch ein geregeltes Marktausscheiden einzelner Bauern zu beenden, wird diese durch 100 Millionen Euro Steuergelder erhalten.

Eine Konsequenz ist, dass der Milchpreis zwar nicht im Laden, aber für jeden Steuerzahler stetig steigt. Man zahlt künftig seine Milch nicht mehr im Laden, sondern beim Finanzamt. So werden niedrige Preise vorgegaukelt und die Überproduktion kann erhalten bleiben. Bei den nun versprochenen 100 Millionen Euro für die Milchbauern wird es natürlich nicht bleiben. Ein Markt, der staatlich gestützt wird, kann niemals zu rentablen Bedingungen produzieren, weil es für die Bauern gar keinen Anreiz dazu gibt. Durch Subventionen werden die Bauern auch in Zukunft abhängig sein. Ihr Grab aber schaufeln sie sich selbst und das auf dem Rücken der Steuerzahler, der davon keinen Cent profitiert. Eben ein Paradestück wie staatliche Eingriffe Märkte zerstören, statt sie zu retten.

Doch es könnte auch ganz anders gehen. Ein Agrarminister mit einem Funken ökonomischem Sachverstand könnte erkennen, dass nur der Abbau von Subventionen, übrigens auch in anderen Bereichen der Lebensmittelproduktion, zu einem gesunden Markt führen kann. Es gäbe dann in der Tat weniger Milchbauern, Dafür könnten diese von ihrer Arbeit auch leben und müssten nicht vom Staat über Umwege Sozialhilfe erhalten.

Einen ökologischen Nutzen hätte das Ganze auch noch. Dadurch, dass letztendlich der echte Preis für Milch aus Industriehaltung und ökologischer Haltung im Laden direkt ersichtlich wäre, kann der Verbraucher sich gezielt für eins der beiden Produkte entscheiden. Der Trend geht jetzt schon deutlich zu einem vermehrtem Kauf von Öko- und Bioprodukten, sodass künftig bei sich angleichenden Preisen auch ein weiterer Fortlauf dieses Trends zu erwarten ist.

Mittel- bis langfristig wird es nur Gewinner geben, wenn die Subventionen für Milch und auch andere Lebensmittel abgebaut werden. Die Bauern, die Steuerzahler und Verbraucher und auch die Tiere selbst werden von einem selbsttragendem Markt profitieren.


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