Integrationsfeindliche Bürokratie

Seit die Flüchtlingszahlen durch den syrischen Bürgerkrieg dramatisch in die Höhe schnellen, überschlagen sich die Politiker in der Bundesrepublik mit markigen Einforderungen von Integrationswillen seitens der Neuankömmlinge. Die stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Julia Klöckner, forderte gar, gewisse Verpflichtungen für Zuwanderer in Gesetzesform zu gießen. Selbstverständlich kann von Menschen, die nach Deutschland einwandern, erwartet werden, dass diese sich an das geltende Recht halten. Aber anhand der Geschichte die ich in diesem Beitrag mit dessen Lesern teilen möchte, will ich darauf aufmerksam machen, dass nicht nur Defizite seitens der Zuwanderer bestehen. Denn auch der Staat hat Defizite in diesem Bereich.

Fatima (Name geändert) lebt seit ihrem sechsten Lebensjahr in Deutschland. Ihre Eltern gehörten der studentischen Protestbewegung im Iran an und flüchteten vor den Mullahs nach Deutschland. Fatima wurde sofort in die Grundschule eingeschult und wechselte trotz guter Noten ohne Empfehlung auf das Gymnasium. Die Lehrer befürchteten, dass sie aufgrund der fehlenden Unterstützung von zu Hause nicht mithalten könnte. Sie schloss ihr Abitur aber trotzdem mit Bestnoten ab und gewann noch vor Ende ihrer Schullaufbahn mehrere Preise. Sie engagierte sich in der evangelischen Kirche und einer politischen Partei.

Das klingt alles nach einem Musterbeispiel an Integration.

Doch was passierte dann? Als Fatima 18 Jahre alt wurde, bekam sie einen Brief von den Behörden und wurde dazu aufgefordert die Bundesrepublik zu verlassen und in ihre „Heimat“ zurückzukehren, da sie nun nicht mehr unter die Sorgerechtspflicht ihrer aufenthaltsberechtigten Eltern fiele. Dies hatte zur Konsequenz, dass sich die junge Iranerin einen Anwalt nehmen musste um nicht das Anrecht auf BAföG und auf Stipendien zu verlieren, die sie durch ihre beeindruckenden Leistungen an Land ziehen konnte. Glücklicherweise konnte Fatimas Rechtsbeistand nach fünf Jahren darauf hinwirken, dass sie schließlich eine Niederlassungserlaubnis  bekam und somit den Anspruch auf BAföG nicht verlor und die Stipendien annehmen durfte.

Auch nachdem dieses Problem aus der Welt geschafft war, hörten die Probleme nicht auf. Mehrmals gab es Komplikationen bei ihrem Antrag auf die Einbürgerung. Also beschloss sie, das Problem aus der Welt zu schaffen. Inzwischen in ihren Studienort umgezogen, beantragte dort noch einmal die Einbürgerung. Der Einbürgerungsprozess am Studienort schloss sich diesmal zügig ab. Als dann das Einbürgerungsverfahren abgeschlossen war und Fatima ihre Einbürgerungsurkunde beim Amt abholte, warf ihr der Beamte die rassistische Aussage an den Kopf: „Normalerweise dauert es nur so lange, wenn man vorher kriminell gewesen ist. Sie sehen gar nicht so aus, als hätte es Probleme in dieser Richtung bei Ihnen gegeben.“ Diesen Satz muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Besagter Beamter wollte Fatima dann auch noch das Grundgesetz mit nach Hause geben. Sie winkte mit der Bemerkung ab, sie hätte dieses kleine Büchlein schon drei mal im Regal stehen.

Diese Geschichte zeigt sehr gut auf, wie schlecht es um die Integrationsfähigkeit des deutschen Staates bestellt ist. Wenn bei einer offensichtlich hochqualifizierten jungen Frau solch riesige Probleme im Verwaltungsprozess auftreten, wie soll es erst bei weniger gut qualifizierten, aber integrationswilligen Zuwanderern aussehen? Es fehlt Deutschland an unkomplizierten und gleichzeitig effizienten Regelungen zur Einwanderung. Ein längst überfälliges Einwanderungsgesetz lässt wegen der Blockadehaltung der CDU, die bei Forderungen, wie die von Julia Klöckner geäußerten, immer ganz vorne mit dabei ist, auf sich warten. Dabei gibt es gute Vorschläge für ein solches Gesetz, wie beispielsweise die Gesetzesinitiative der nordrhein-westfälischen FDP-Fraktion im Landtag.


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