Race for the White House 43rd Edition
Die zweite Runde der amerikanischen Vorwahlsaison ist am vergangenen Dienstag zu Ende gegangen und es geht Schlag auf Schlag weiter, denn nächste Woche stehen bei den Republikanern die Vorwahlen von South Carolina an. Bei den Demokraten wählt als nächstes der Casino-Staat Nevada.
Der Ausgang der Vorwahlen in New Hampshire bestätigt nach den überraschenden Ergebnissen des Iowa Caucus die vorherrschende Meinung, dass diese Vorwahlsaison den Außenseitern gehört. Mit dem ersten Triumph von Trump und Sanders stehen die beiden populistischen Außenseiter-Kandidaten an der Spitze des Feldes und sie gehen gestärkt in die weiteren Vorwahlen.
Weiterhin wird der Wahlkampf auf beiden Seiten von radikaler Kritik an den bestehenden Verhältnissen dominiert. In der Beschreibung der Verhältnisse sind sich vor allem Trump und Sanders sehr einig, laut diesen beiden ist das mächtigste Land der Welt in einer äußerst desolaten Verfassung und diese Sichtweise scheinen die meisten Amerikaner zu teilen. Eine Vorstellung, die nicht wirklich zu den sehr positiven aktuellen Wirtschaftsdaten der USA passt. Auch in der Lösung der Probleme liegen Trump und Sanders nicht weit auseinander. Man muss die Schuldigen nur ausfindig machen und dann hart bekämpfen. Trump meint damit vor allem ausländische Mächte und illegale Einwanderer, Sanders hingegen vor allem Konzerne, Banken und alle Reichen im Allgemeinen.
Die Republikaner
Bei den Republikanern hat Donald Trump endlich sein Siegesversprechen eingelöst. Nachdem die knappe Niederlage in Iowa seiner Reputation als Siegertyp eine heftige Delle verpasst hatte, landete er mit 35 Prozent der Stimmen deutlich auf Platz 1 und hatte damit sogar 20 Prozent Vorsprung vor dem überraschend Zweitpalzierten John Kasich. Durch den Zugang von 10 Delegierten liegt der Milliardär mit 17 Delegierten nun insgesamt auch an der Spitze des Bewerberfelds und geht als absoluter Favorit in die weiteren Vorwahlen.
Ein Sieg war nach dem Iowa Debakel auch bitter nötig, denn zwar kann eigentlich keine inhaltliche Aussage Trumps einer Überprüfung standhalten, aber das scheint seinen Anhängern auch nicht so wichtig zu sein. Diese Woche sprach er bspw. davon, dass die Arbeitslosigkeit in den USA bis zu 41 Prozent betrage.
Aber hätte er das Versprechen, ein Gewinner zu sein, nicht wenigstens in New Hampshire eingelöst, wäre seine Kampagne wohl tatsächlich am Ende gewesen. Nach dem deutlichen Sieg in New Hampshire allerdings, können Trumps Anhänger beruhigt weiter der Theorie anhängen, dass Cruz die Stimmen im Iowa Caucus dem naiven Ben Carson geraubt hat und damit ihr Kandidat um den Sieg betrogen wurde.
Die Erklärung für Trumps Sieg und auch für seine Dominanz in allen nationalen Umfragen ist in der besonderen Mischung aus Unzufriedenheit der Amerikaner mit dem politischen Status Quo, dem Mangel an Unterscheidbarkeit der etablierten Parteien und Politiker sowie seinen populistischen Versprechen zu finden. Der sehr einflussreiche konservative Kommentator Charles Krauthammer erklärt Trumps Dominanz damit, dass er, wie auch Sanders, den Amerikanern Magie verkauft. Er verspricht einfach das Blaue vom Himmel und legt keine langweiligen 5-Punkte Pläne vor. Beispielhaft dafür ist auch das Versprechen elf Millionen illegale Einwanderer zu deportieren, ohne auch nur im Ansatz zu erklären, wie er das fertigbringen könnte.
Erstaunlicher Weise scheint sich keiner daran zu stören, dass Trump bis heute überhaupt keine Antworten auf die Frage geliefert hat, wie er denn seine Ideen umsetzten werde oder was er abseits von Abschiebungen und einer Grenzmauer wirklich konkret vorhabe. Aber das Verkaufen von Luftschlössern ist eben das Handwerk der Populisten. Besonders witzig ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass seine Anhängerschaft wirklich zu glauben scheint, dass er seine Pläne im Kampf gegen den IS wirklich nur aus taktischen Gründen nicht preisgeben könne.
Der große Verlierer der New Hampshire Primaries war zweifellos Marco Rubio, in dem viele Republikaner nach dem überraschend guten Ergebnis in Iowa schon den kommenden Mann sahen. Seine Niederlage ist in großen Teilen seiner desaströsen Leistung in der letzten TV-Debatte zuzuschreiben. Es schien vielen, als sei Rubio in dieser Debatte von Chris Christie als politischer Sprechroboter entlarvt worden. Nachdem er sich in der Debatte mehrfach wortgleich wiederholte hatte und Christie energisch darauf hingewiesen hatte, war aus einer großen Chance für den jungen Senator eine eventuell nicht mehr heilbare Katastrophe geworden. Er landete danach abgeschlagen auf dem fünften Platz. Trotz seiner zehn Delegierten wird es für Rubio nun sehr schwer werden, sich von diesem Rückschlag nochmal zu erholen.
Überraschend wie auch absolut folgenlos wird der zweite Platz für Ohios Gouverneur John Kasich sein. Kasich ist so unbekannt und auch so unbedeutend für den Ausgang dieser Vorwahlsaison, dass den Moderatoren der letzten TV-Debatte nicht mal aufgefallen war, dass sie ihn noch gar nicht auf die Bühne gerufen hatten. Sie mussten sogar erst von Chris Christie darauf hingewiesen werden, dass er noch fehlte. Sein gutes Abschneiden in New Hampshire entspricht der Logik der republikanischen New Hampshire Primaries. Denn hier erzielen die moderateren Republikaner, die eher als links gelten, tendenziell die besseren Ergebnisse.
Die Tatsache, dass selbst bedeutende Fernsehjournalisten seinen Namen bis heute nicht richtig aussprechen können, sagt alles über Kasichs Chancen auf die Nominierung der Republikaner aus, das man wissen muss.
Ted Cruz, der in Iowa noch vorne lag, konnte ebenso wie Rubio nur drei Delegierte für sich gewinnen, hatte im Gegensatz zu seinem Senatskollegen in New Hampshire aber auch nichts zu verlieren, denn erzkonservative Republikaner wie Cruz, die sehr stark von den evangelikalen Wählern unterstützt werden, haben traditionell sehr schlechte Ergebnisse in New Hampshire. Für Cruz wird entscheidend sein, ob die Strategie, die für ihn in Iowa so perfekt funktioniert hat, auch in South Carolina wieder zum Erfolg führen wird.
Chris Christie und Carly Fiorina haben ihre Kandidaturen nach New Hampshire beendet und werden wohl nun nur noch über ihre Wahlempfehlungen mitmischen können. Man kann für die GOP insgesamt nur hoffen, dass die anderen chancenlosen Kanditen es ihnen bald gleichtun mögen.
Die Demokraten
Dass der linkspopulistische Sozialist Sanders die Vorwahlen in New Hampshire, dem Nachbarstaat seiner Heimat Vermont, gewinnt, hatten alle bereits erwartet, aber dass er Clinton um eine Marge von mehr als 20 Prozent übertreffen würde, hatte niemand vorausgesagt. Für Clintons Wahlkampfmaschinerie muss es ein Schock gewesen sein. Mit 15 Delegierten konnte der Senator ganze Sechs mehr erringen als die ehemalige Außenministerin und kann mit sehr viel Rückenwind nach Nevada und South Carolina ziehen.
Sanders Sieg wie auch seine insgesamt überraschende Popularität lässt sich vor allem durch die vielen jungen Wähler erklären, die den 74-jährigen unterstützten. Mit seinen offen sozialistischen Forderungen spricht er vor allem den vielen hoch verschuldeten jungen Menschen, die überraschender Weise ihre Studienkredite trotz eines Bachelors in Kunst und Tanz nicht zurückzahlen können, aus dem Herzen. Darüber hinaus stören sich viele Demokraten vor allem an Clinton und ihrer für Demokraten eher moderaten Haltung. Sie ist vielen Demokraten schlicht nicht links genug. Der Aufruf von Gloria Steinen, einer feministischen Ikone der USA, und der ehemaligen Außenministerin Madeleine Albright Frauen müssten Hillary unterstützen, weil sie eine Frau ist, hat auch einen großen Aufschrei vor allem unter jungen Wählern ausgelöst und wird Clinton im Nachhinein zusätzlichen Schaden zugefügt haben.
Das andere große Problem Clintons, das auch in New Hampshire eine Rolle gespielt haben dürfte, ist weiterhin die Tatsache, dass viele Amerikaner ihr schlichtweg nicht vertrauen. Die schiere Anzahl und Hartnäckigkeit der vielen Gerüchte, die teilweise nach Jahrzehnten immer noch kolportiert werden, haben zu einem tiefen Misstrauen in Teilen der amerikanischen Gesellschaft geführt, das wahrscheinlich nie wieder verschwinden wird.
Die Strategie Clintons für die weiteren Vorwahlen ist allerdings nicht darauf ausgerichtet, verlorenes Vertrauen wiederherzustellen oder Jungwähler für sich zurückzugewinnen.
Da die Amerikaner wie schon häufig erwähnt, eher gegen als für einen Kandidaten zur Wahl gehen, muss sie sich wohl kaum mit der Frage beschäftigen, ob jemand, der mit Sanders sozialistischen Träumen sympathisiert, im November Trump wählen könnte. Um diese Wähler wieder in ihr Camp zu holen, muss Clinton nur irgendwie die Vorwahlen überstehen.
In den Vorwahlen konzentriert sie sich mit ihrem Team nun auf die schwarzen und die hispanischen Wähler, die immer noch mehrheitlich für Clinton sind. In New Hampshire und Iowa hat diese Gruppe aufgrund der fast ausschließlich weißen Bevölkerung kaum eine Rolle gespielt, das wird in Nevada und South Carolina anders sein und Clintons Unterstützer hoffen, durch den Einfluss der Minderheiten eine nachhaltige Trendumkehr einleiten zu können. Um diese Strategie umzusetzen klammert sich Clinton mit aller Kraft an Präsident Obama, dessen Regierung und vor allem die Gesundheitsreform. Sanders hat bei der schwarzen Bevölkerung aktuell noch einen schweren Stand. Es fällt vielen schwer, Sanders radikale populistische Kritik am Status Quo nicht auch als Kritik an dem seit sieben Jahre regierenden ersten schwarzen Präsidenten zu verstehen.
Genau wie nach Iowa ist auch nach New Hampshire nichts endgültig entschieden, aber zumindest muss nach den ersten beiden Vorwahlen konstatiert werden, dass man sich als Kommentator zurückhalten sollte, Thesen zu formulieren, was Bernie Sanders und Donald Trump alles nicht erreichen können.
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