Die schrecklichen Vorfälle der Silvesternacht wurden in den vergangen Tagen von verschiedensten Interessengruppen zum Anlass genommen, um für ihr Herzensthema Aufmerksamkeit zu generieren.
Rechte Gruppen würden am liebsten alle Migranten mit dem Vorwand rausschmeißen, dass man die deutsche Frau schützen müsse. Das eigene patriarchale, rassistische und kollektivistische Weltbild wird dabei natürlich nicht hinterfragt.
Wieder andere nutzen das gesteigerte Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung, um einfache “Lösungen“ wie z.B „Waffen für alle und überall“ zu propagieren. Das trifft zu einem gewissen Grad natürlich den Nerv der Zeit. Die Suchanfragen für die Keywords „Pfefferspray“, „Waffenschein“ und “Pistole kaufen” auf Google explodierten regelrecht innerhalb der letzten Tage.
Dies zeigt vor allem, dass es in unserer Gesellschaft noch großen Aufklärungsbedarf über unser Waffenrecht gibt. Für Menschen, die sich schon länger mit dem Thema beschäftigen, ist es nichts neues, dass selbst viele Journalisten den Unterschied zwischen Waffenschein und Waffenbesitzkarte nicht kennen.
Deshalb verwundert es auch nicht, dass die Suchanfragen für den Begriff „Waffenbesitzkarte“ nicht im gleichen Maße angestiegen sind. Der Unterschied ist jedoch von großer Bedeutung. Die Waffenbesitzkarte ermöglicht den Kauf und Besitz von Schusswaffen. Der große Waffenschein hingegen berechtigt dazu, die Schusswaffe in der Öffentlichkeit zu führen und wird nur in den seltensten Fällen bewilligt.
Gleichzeitig nahm die EU die Anschläge von Paris zum Anlass, um eine umfangreiche Verschärfung des Waffenrechts anzukündigen, welche Legalwaffenbesitzer zukünftig noch weiter drangsaliert. Da sich Waffengesetze ohnehin nur an diejenigen wenden, die sich an Gesetze halten, richten sich waffenrechtliche Einschränkungen an die völlig falschen Adressaten, wenn es um die Eindämmung längst verbotenen illegalen Waffenhandels, (organisierter) Kriminalität oder gar Terrorismus geht.
Dies ist unter anderem deshalb möglich, weil es in Europa, anders als in den USA, schlicht kein Recht auf Schusswaffenbesitz gibt.
Für Liberale ergeben sich jedoch Rechte grundsätzlich nicht aus Gesetzestexten (Rechtspositivismus) sondern durch die philosophische Annahme, dass jeder Mensch unveräußerliche Naturrechte besitzt, die nicht ohne triftigen Grund eingeschränkt werden dürfen. Ein sehr elementarer Bestandteil ist dabei das Recht auf Privateigentum.
Das Recht zum Besitz von Waffen lässt sich daher direkt vom Recht Eigentum besitzen zu dürfen ableiten. Ein restriktives Waffenrecht stellt demnach einen Eingriff in die Grundrechte vieler unbescholtener Bürger dar. Dabei ist es wichtig anzumerken, dass das Eigentumsrecht grundsätzlich für alle Gegenstände gilt und nur in Ausnahmefällen eingeschränkt werden darf. Schließlich handelt es sich hierbei um ein Recht und nicht um ein Privileg.
Gleichzeitig muss man jedoch auch anerkennen, dass in der Realität häufig eine Güterabwägung stattfinden muss, um auch anderen Rechten/Bedürfnissen ausreichend Rechnung zu tragen. Eines dieser Bedürfnisse ist Sicherheit und es ist unbestreitbar, dass durch das Missbrauchspotential von Waffen jenes verletzt werden kann. Wichtig ist hier jedoch, dass stets die Verhältnismäßigkeit der Einschränkungen gewahrt bleibt. So habe ich noch niemanden getroffen, der ernsthaft gefordert hat das Verbot von Kriegswaffen wie z.B. Panzern oder gar Atomwaffen aufzuheben.
Aber wie sieht es mit Handfeuerwaffen aus? Hierbei sollte man meiner Meinung nach das Missbrauchspotential im Einzelfall und die Reaktionsmöglichkeiten der Gesellschaft berücksichtigen. Deshalb erachte ich auch das Verbot von vollautomatischen Waffen für Privatpersonen für richtig. Der potentielle Schaden durch einen Amoklauf mit einer solchen Waffe ist gigantisch und durch unsere Polizei nur äußerst schwer zu begrenzen.
Jedoch gibt es auch Handfeuerwaffen, die nicht unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen. Sollte man jene schlicht freigeben? Ich glaube nicht, dass dies eine gute Idee wäre. Zwar zeigt sich in der Realität, dass liberale Waffengesetze nicht zwangsläufig einen negativen Einfluss auf die innere Sicherheit haben, aber auch hier gibt es stets mehr oder weniger strenge Einschränkungen. Ähnliches gilt für den KFZ- Führerschein. Niemand käme auf die Idee jeden einfach überall fahren zu lassen. Wir verlangen einen Führerschein, ein gewisses Alter, das Einhalten der Straßenverkehrsordnung und bestrafen das Fahren im alkoholisierten Zustand. Ähnliches gilt auch für den privaten Schusswaffenbeseitz und das ist gut so.
Ich glaube jedoch, dass manche Einschränkungen in Deutschland zu weit gehen und einer freiheitlichen Reform bedürfen. Ein Beispiel ist die Bedürfnispflicht. Es ist nicht einzusehen, warum man für den Kauf einer Waffe ein Bedürfnis nachweisen muss. Bei Drogen wie Alkohol oder Zigaretten, ungesundem Essen, Werkzeugen mit Missbrauchspotetial oder unnötigen Sportwagen ist das auch nicht der Fall. Wie bereits erläutert, handelt es sich beim Eigentumsrecht um ein Recht und kein Privileg.
Es ist also unverständlich warum man Bürgern, welche die erforderliche Zuverlässigkeit, die persönliche Eignung und erforderliche Sachkunde nachgewiesen haben, den Zugang zu Schusswaffen verwehren sollte. Eine Bedürfnisprüfung sollte nur noch bei jenen stattfinden, welche Ihre Waffen in der Öffentlichkeit führen wollen, da es hier tatsächlich eine erhöhte Sicherheitsgefahr gibt. Dies belegen die Zahlen relativ eindeutig. Staaten wie die Schweiz oder Österreich zeigen sehr anschaulich, dass nicht der Waffenbesitz an sich das Problem darstellt sondern das Führen in der Öffentlichkeit, welches in beiden Staaten verboten ist. Beide Staaten weisen trotz relativ einfachem Zugang zu Waffen geringere Kriminalitäts- und Mordratenraten als Deutschland auf. Auch in den USA zeigt sich, dass Bundesstaaten mit laxen „Carry-Regelungen“ höhere Mordraten ertragen müssen, sobald man die Bevölkerungsdichte berücksichtigt. Wer in Waffenrechtsdebatten übrigens von „amerikanischen Verhältnissen“ spricht, disqualifiziert sich damit selbst und beweist lediglich Unkenntnis über die Faktenlage. In jedem einzelnen Bundestaat bzw. teilweise sogar in vielen Counties gilt ein unterschiedliches Waffenrecht. Auch gibt es einzelne Bundesstaaten wie New Hampshire, die trotz sehr liberaler Waffengesetze sehr niedrige Mordraten aufweisen, welche gar mit jenen von Deutschland und Frankreich zu vergleichen sind. Deshalb kann man über den Sinn oder Unsinn von gewissen Regelungen oftmals keine globalgültige Aussage treffen. Dem Führen von Schusswaffen in der Öffentlichkeit in dicht besiedelten Gebieten kann ich jedoch leider aufgrund des erhöhten Sicherheitsrisikos nicht zustimmen. Dies liegt weniger an den Legalwaffenbesitzern selbst als daran, dass hier scheinbar eine Gewaltspirale in Gang gesetzt wird. Kriminelle fangen an massiv aufzurüsten, Polizisten drücken schneller ab usw.
Wer sich in Deutschland übrigens im öffentlichen Raum schützen möchte, kann einen kleinen Waffenschein beantragen. Jener ermöglicht es einem, erlaubnisfreie Waffen in der Öffentlichkeit zu führen. Wer sich in den eigenen vier Wänden verteidigen will, darf sich im Rahmen der Notwehr/Nothilfe auch seiner Schusswaffen bedienen. Schon jetzt spielt dieses Thema bei der Sachkundeprüfung eine große Rolle.
Auch bei den Voraussetzungen für die sachgemäße Lagerung sollte nichts geändert werden. Jene tragen zur Sicherheit bei und verhindern den Zugang für Unbefugte. Das Waffengesetz sollte jedoch so geändert werden, dass verdachtsunabhängig kein Zutritt mehr zu Räumlichkeiten gewährt werden muss. Dafür sollte zukünftig wieder ein richterlicher Beschluss vonnöten sein. Legalwaffenbesitzer sind keine Bürger zweiter Klasse, sondern haben meiner Meinung nach weiterhin uneingeschränkt das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung.
Forderungen nach einem Großkaliberverbot oder zentraler Lagerung sind ebenfalls abzulehnen. Eine solche Reform wäre in etwa so, als würde man Fußballern und Basketballern vorschreiben, dass jene zukünftig ihren Sport mit Handbällen ausüben müssten. Ein Handball im Gesicht ist nicht weniger schmerzhaft als ein Fußball – ähnlich verhält es sich beim Kleinkaliber – aber der Sport wird damit fast unmöglich. Untersuchungen haben ergeben, dass kleinkalibrige Projektile beim Amoklauf in Winnenden ebenfalls die massive Tür der Klassenräume problemlos durchschlagen hätten und ebenfalls tödlich gewesen wären. Ein Großkaliberverbot hätte zugleich zur Folge, dass eine waidgerechte Jagd nicht mehr möglich wäre. Wildschweine oder Rehwild mit einem Kleinkaliber zu jagen wäre schlicht grausam da das Risiko, dass die Tiere so unnötig leiden müssen relativ hoch ist. Aktuell gibt es keinen Hinweis, dass ein Verbot großkalibriger Waffen ein Mehr an Sicherheit schafft, welches eine derart massive Freiheitseinschränkung rechtfertigen würde. Die in den letzten Jahren immer wieder geforderte zentrale Lagerung von privaten Waffen dient nicht der Sicherheit der Bevölkerung. Das Gegenteil ist der Fall. Nach einer Anhörung im Bundestag ist völlig klar, dass mit zentralen Lagerstätten Waffenlager geschaffen würden, die niemals in der dafür notwendigen Form gesichert werden könnten. Darüber hinaus wäre eine zentrale Lagerung ein absolut unverhältnismäßiger Besitzentzug und eine schlicht unpraktikable Idee, wenn man daran denkt, wie, wann und von wem die Waffen dann ausgegeben werden müssten.
Gesamtmengenbeschränkungen oder Beschränkungen nach der Art lehne ich strikt ab. Das sog. Erwerbsstreckungsgebot (nicht mehr als zwei Waffen pro Halbjahr) ist unnötig. So die sichere Aufbewahrung sichergestellt ist, sind auch viele legale Waffen kein Sicherheitsproblem, unabhängig davon, in welchem zeitlichen Rahmen sie erworben werden. In unsichere Hände gehört hingegen schon die erste Waffe nicht. Dies wird bereits bei der Sicherstellung der persönlichen Eignung, Zuverlässigkeit und Sachkunde überprüft. Zur Entbürokratisierung sollte daher die Differenzierung zwischen gelber und grüner Waffenbesitzkarte aufgehoben werden.
Die Polizeigewerkschaft schätzt, dass in Deutschland auf die ca. sechs Millionen legalen Schusswaffen rund 20 Millionen illegale kommen. Hier wäre eine engere Kooperation zwischen Zoll und Bundespolizei, welche die Suche nach illegalen Waffen, insbesondere in kriminellen Milieus, massiv verstärken sollte, wüschenswert. Gleichzeitig sollte durch eine erneute zeitlich großzügig befristete und breit kommunizierte Amnestie, Bürgern der Weg zur Abgabe illegaler Waffen geebnet werden, um ihnen damit den Weg zurück zum legalen Waffenbesitz zu eröffnen. Dies hilft umso mehr, da häufig die Verkennung der Rechtslage zum illegalen Waffenbesitz führt. Dies im Rahmen des Wegfalls der Bedürfnisprüfung durchzuführen, wäre besonders sinnvoll da so den Bürgern die Möglichkeit eröffnet wird, ihre Waffen zu behalten, sofern sie die persönliche Eignung, Zuverlässigkeit und Sachkunde nachweisen können.
Es ist offensichtlich, dass es etliche Punkte gibt mit welchen man unser aktuelles Waffenrecht optimieren könnte. Wer jetzt allerdings populistisch „Waffen für alle und überall“ fordert erweist dem eigentlichen Anliegen eher einen Bärendienst da er die Sachebene verlässt und damit genau das tut, was man in der Vergangenheit den Waffengegnern vorgeworfen hat. Emotionen wie Angst sind kein guter Berater wenn man für eine freiheitlichere Gesellschaft kämpfen will.
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