In der Bundesliga tut sich was

Der FC St. Pauli hat mit seinem Antrag zur Mitgliederversammlung des Ligaverbandes DFL einen echten Stein ins Rollen gebracht: Die TV-Gelder der Bundesliga sollen neu verteilt werden. Der Rekordmeister aus München sprang sofort auf den Zug auf und forderte für sich einen größeren Anteil des Kuchens.

Ein Plädoyer für weniger Sozialismus in erster und zweiter Bundesliga.

 

Am heutigen Mittwoch versammeln sich die Mächtigen des deutschen Profifußballs in Frankfurt zur Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball-Liga. Andreas Rettig, Geschäftsführer des FC St. Pauli, hat dabei einen echten Brand-Antrag in der Tasche und fordert nicht weniger, als die teilweise Neuordnung der Verteilung der TV-Gelder auf die 36 Profiklubs sowie die Aufkündigung der Solidargemeinschaft Profifußball.

Rettig hatte Anfang November in einem Anschreiben an die DFL gefordert, die Vereine, die sich mit Ausnahmeklauseln über die “50+1”-Regel hinwegsetzen, von der Verteilung der TV-Gelder auszuschließen. Zur Erklärung: Die “50+1”-Regel besagt, dass die Mehrheit der Anteile an einem Fußballverein, der am Profibetrieb der DFL teilnehmen möchte, immer in Händen der Mitglieder des Vereins liegen muss. Hintergrund der Klausel ist, dass nicht – wie beispielsweise in England üblich – private Investoren oder Unternehmen die Mehrheit der Anteile an Vereinen übernehmen und gegebenenfalls wirtschaftliche über sportliche Interessen stellen. Die “50+1”-Regel wurde seit ihrer Einführung mehrfach in der Satzung der DFL aufgeweicht. So können mittlerweile beispielsweise langjährige Förderer wie Bayer beim SV Leverkusen, VW beim VfL Wolfsburg, Dietmar Hopp bei der TSG Hoffenheim und Martin Kind bei Hannover 96 auch weiterhin am Spielbetrieb teilnehmen. Die so entstandene Ungerechtigkeit bei den finanziellen Möglichkeiten der Vereine soll also durch einen Ausschluss bei den TV-Geldern ausgeglichen werden. Die vier betroffenen Vereine ließen mit ihrer Reaktion auf den Antrag des Kiezclubs nicht lange auf sich warten und forderten vehement die Ablehnung. In der Begründung wiesen sie darauf hin, dass vor allem die Zweitligaklubs jahrelang von den Europapokal-Einnahmen des VfL Wolfsburg und Bayer 04 Leverkusen profitiert hätten.

Nur wenige Stunden nach der Forderung von Rettig legte der FC Bayern München, vertreten durch seinen Vorstandsvorsitzenden Karl Heinz Rummenigge, nach und forderte eine noch grundlegendere Reform der Verteilung der TV-Gelder. So sollen die Bayern in Zukunft einen deutlich größeren Teil des Kuchens erhalten. Schon nach Bekanntgabe des letzten TV-Deals der britischen Premier League hatte Rummenigge öffentlich gefordert, dass sich in Deutschland bei der Vermarktung etwas ändern müsse, um den Anschluss an die Konkurrenz nicht zu verlieren. Zum Vergleich: Der britische TV-Deal beläuft sich auf etwa 3 Milliarden Pfund pro Saison, der deutsche liegt bei derzeit 650 Millionen Euro.

Um die Position vom FC St. Pauli und von Bayern München zu verstehen hilft ein Blick auf die Verteilung der TV-Gelder in Deutschland. Die Seite fernsehgelder.de liefert dazu eine gute Erklärung. So wird der gesamte Pool in Deutschland zuerst auf 1. Liga (80%) und 2. Liga (20%) aufgeteilt, die weitere Aufschlüsselung erfolgt dann ausschließlich nach der Platzierung in der Liga mit einer maximalen Spreizung von 2:1 (1. Liga) und 2,25:1 (2. Liga). So kann der Erstplatzierte der Bundesliga maximal das Doppelte an Fernsehgeldern erhalten als der Zweitplatzierte. Völlig außer acht gelassen werden hierbei die erreichten Zuschauerquoten in den Sky-Übertragungen. Für die ausstrahlenden Sender ist die Einschaltquote immer noch die wichtigste Größe – immerhin sitzen dort die meisten zahlenden Kunden und die größte werberelevante Gruppe hinter dem Fernseher. So kann es auch nicht im Sinne von Sky sein, dass die Ausschüttung der DFL ausschließlich auf Grundlage des Tabellenplatzes erfolgt.

Vereine wie Bayer Leverkusen oder der VfL Wolfsburg haben bedingt durch ihre fehlende Tradition oftmals auch nur kleine Fanlager. Dies spiegelt sich in den Zuschauerzahlen und –quoten wieder. Andersrum ziehen Bayern München, Borussia Dortmund und in der 2. Liga vor allem der FC St. Pauli aufgrund ihrer enormen Fanmenge die Massen nur so an sich.

 

Für mich ist klar: Es muss sich etwas tun in der Vermarktung der Bundesliga. Das System der ausschließlichen Verteilung der Fernsehgelder nach Platzierung in der Liga mit einer geradezu obszön kleinen Spreizung ist alt und überholt. Die Bundesliga muss es schaffen, die Verteilung der Mittel zum einen mehr nach den Zuschauerzahlen auszurichten, um Sky mehr Anreiz zu bieten, mehr Geld in den deutschen Fußball zu investieren. Zum anderen muss es den Bundesliga-Clubs möglich sein, mehr Teilbereiche der Übertragung über die Form der Einzelvermarktung zu verteilen. Ansonsten werden die Branchenprimi wohl irgendwann den Schritt selbst gehen und sich komplett eigenständig vermarkten – dies würde zu einem Zusammenbruch des kompletten System der TV-Vermarktung in der Bundesliga führen.


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Kommentare

Eine Antwort zu „In der Bundesliga tut sich was“

  1. Avatar von Lutz
    Lutz

    Sehr richtig. Insbesondere auch deshalb, weil das gegenwärtige Modell ja gerade die von Investoren mit reichlich Kapital ausgestatteten Vereine „ohne Tradition“ bevorteilt, ja geradezu auf Kosten der Vereine quersubventioniert, die sportlich zwar weniger erfolgreich sind, aber wegen des Zuschauerinteresses dennoch mehr zu den Fernseheinnahmen beitragen.

    Eine Verteilung nach Zuschauerinteresse ist daher in jedem Fall gerechter.

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