Öffentlich-rechtlicher Rundfunk gibt sich der Lächerlichkeit preis

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat sich in der vergangenen Woche wieder einmal mehrfach der Lächerlichkeit preisgegeben. Ob Xavier Naidoo und der NDR oder die Erklärung der Paris-Attentate durch die ZDF-Kindersendung ‚logo‘ – zwei aktuelle Beispiele zeigen das Dilemma eindrucksvoll auf.

Die Nachricht von der Nominierung von Xavier Naidoo als Kandidat für den Eurovision Song Contest 2016 durch den Norddeutschen Rundfunk stieß deutschlandweit in Zeitungen, Gesellschaft und Politik auf Widerstand. Naidoo hatte sich vor allem in den letzten beiden Jahren mehrfach auch politisch geäußert und dabei die kruden Verschwörungstheorien der Reichsbürgerbewegung verbreitet. Dazu gehören unter anderem, dass Deutschland kein freies, sondern ein besetztes Land und die offizielle Darstellung der Terroranschläge vom 09.11.2001 unwahr sei. Er trat auch bei verschiedenen Veranstaltungen auf, die dem entsprechenden Lager zuzuordnen sind und bezeichnete sich dort als Systemkritiker. Ob eine krude Mischung aus plumpem Antiamerikanismus, Antisemitismus, Antikapitalismus, Demokratiefeindlichkeit und Verschwörungstheorien noch als Systemkritik durchgehen, halte ich für zweifelhaft.

Die Nominierung zeigt ein weiteres großes Problem des öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf: Abgehobenheit und fehlende Legitimierung. Die Bodenhaftung scheint bei den Programmdirektoren des NDR völlig verloren gegangen zu sein. Die Rundfunkbeitrag-zahlenden Bürger scheinen sich wenigstens ein Mindestmaß an Mitbestimmung zu wünschen – der ÖR möchte sich aber anscheinend nicht darauf einlassen. Wenn Jörg Schönenborn den Rundfunkbeitrag als „Demokratieabgabe“ bezeichnet, dann meint er das wörtlich: Ihr gebt ab, wir machen die Demokratie für euch. Das ist absurd. Er sollte mündigen Beitragszahlern mehr Mitbestimmungsrechte bei der inhaltlichen und strukturellen Aufstellung des ÖR zutrauen.

Dass die Entscheidung nach noch nicht einmal einer Woche vom NDR zurückgezogen wird, macht die Verwirrung perfekt. Wenn man von der eigenen Entscheidung so überzeugt war, dass man sie ohne Mitbestimmung einfach am Beitragszahler vorbei „durchdrücken“ wollte, der sollte danach auch den Mut haben, die Entscheidung öffentlich zu verteidigen. Wer tritt jetzt schon noch freiwillig für Detuschland beim ESC an?

Was private Fernsehsender in diesem Bereich leisten können, zeigt ein Blick in das Jahr 2010. ProSieben kooperierte mit dem NDR und castete mit Stefan Raab einen musikalischen Beitrag für Oslo, fand Lena Meyer-Landrut und gewann mit Satellite.

Das zweite Beispiel verdeutlicht, dass die Neutralität der (politischen) Berichterstattung oftmals nicht gegeben ist. Sendungen wie Monitor und titel thesen temperamente sind hier nur die Spitze des Eisbergs, denn ein tiefergehender Blick auf die Rezeption der Anschläge von Paris im deutschen Fernsehen fördert einen unglaublichen Beitrag der ZDF-Kindersendung „logo“ zu Tage.

Der Beitrag suggeriert, die Franzosen seien es ja selbst schuld, dass acht Islamisten bei den schlimmsten Terroranschlägen, die die französische Republik je erleben musste, 150 Menschen mit in den Tod nahmen. Die Kolonisierung Afrikas durch Frankreich, die bereits Ende des 16. Jahrhunderts begann, sei der Auslöser dafür, dass es zu den Anschlägen gekommen sei. Der Beitrag führt weiterhin aus, dass nach den Unabhängigkeitskriegen in den nordwestafrikanischen Ländern viele Menschen nach Frankreich gingen, um dort ein besseres Leben zu finden – dies habe es aber nicht gegeben, da sie dort ohne Arbeit in Armenvierteln leben mussten. Die Wut über ihre Situation in Verbindung mit ihrer Religion führe so zu Gewalttaten.

Der Beitrag ist so vereinfacht, dass einem vor dem Hintergrund der schlimmen Anschläge der Atem stockt. Auch die Rolle der Eigenverantwortung und die Tatsache, dass islamistische Terroristen unsere westlichen Werte angreifen, wird verkannt. Ob man arbeitslos wird und in einem Armenviertel lebt hängt ganz maßgeblich vom Willen ab – ob man sich in die Luft sprengt ausschließlich von sich selbst. Das  wurde und wird mit Sicherheit nicht durch die Franzosen beeinflusst. Der ganze Beitrag ist so simplifiziert, aber doch eindeutig in der Intention, dass er fast schon perfekt in die Kindernachrichten des ZDF passt. Indoktrination von der ersten Sekunde an.

Die beiden Beispiele zeigen beeindruckend auf, was am Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk grundlegend falsch läuft. Zum einen ist die Produktion von Unterhaltung nicht Kernaufgabe eines zwangsfinanzierten Rundfunks und zum anderen lässt die Neutralität in der politischen Berichterstattung oftmals zu wünschen übrig. Der ÖR muss seine Struktur überdenken und weite Teile seines Angebots privatisieren. Ein zweiter bundesweiter Kanal ist nicht nötig – ebenso wenig wie die unzählbaren lokalen Programmen. Auch das Radio-Angebot muss drastisch reduziert werden. Allgemein ist eine Betätigung des zwangsfinanzierten Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk nur dort vonnöten, wo kein privates Angebot zu erwarten ist.


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