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Noch 2 Monate bis zum Iowa Caucus – Was verraten die Umfragen?

Race for the White House 39th Edition  

Umfragewerte gelten in den modernen politischen Wahlkämpfen der Vereinigten Staaten schon seitjeher zu den wichtigsten Handlungsgrundlagen für alle Beteiligten. Die Wahlkampfteams der Kandidaten nutzen sie, um zu überprüfen, ob die verfolgten Strategien aufgehen oder, ob die Message ihres Kandidaten die Wähler wirklich erreicht. Teilweise werden die Umfragewerte sogar so genau analysiert, dass die Ergebnisse sogar zwischen den einzelnen Untergruppen an Wähler nach Geschlecht, Alter, Hautfarbe, Religion, Bildung und noch vielen weiteren Faktoren aufgeschlüsselt werden, um ganz zielgerichtete Anpassungen vornehmen zu können. Die Journalisten machen ähnliche Analysen und versuchen diese dann für das breite Publikum verständlich aufzubereiten, aber vor allem langfristige Trends zu finden, mit denen sie fundierte Prognosen über den Ausgang der Vor- und Hauptwahlen abgeben können. Zumindest sollten sie das. Aber auch die Wähler orientieren sich an den Umfragen, die dadurch auch häufig die Qualität von selbsterfüllenden Prophezeiungen erlangen und so häufig größeren Einfluss auf die Wahlentscheidungen von Bürgern haben als politische Inhalte.

Doch so wichtig wie in der aktuellen republikanischen Vorwahltournee, waren sie wohl noch nie. Dies hat zum einen mit der großen Anzahl an Kandidaten zu tun, aber auch mit dem stark veränderten Medienumfeld und den äußerst liberalen Wahlkampfspendenregelungen. Früher hatten die Journalisten der klassischen Medien noch wesentlich mehr Einfluss auf den Ausgang von Wahlen, da sie durch ihre Berichterstattung über die Kandidaten, ob positiv oder negativ, die öffentliche Wahrnehmung stark zu steuern vermochten. In den letzten Wahlkämpfen und besonders im aktuellen Fall werden die klassischen Medien allerdings immer mehr von Gestaltern zu Getriebenen. Sie werden als Vermittler zwischen Wähler und Politiker immer weniger gebraucht, da die Kandidaten durch das Internet, aber auch zunehmend durch enorm teure Fernsehwerbung, direkt mit den Wählern in Kontakt treten können und beinahe alle Kandidaten dazu übergegangen sind, ihre Message möglichst selbst zu verbreiten und zu kontrollieren. Die klassischen Medien, wie die Zeitungen und Nachrichtensender, kommen immer häufiger in die Situation, dass sie nur noch das kommentieren, was außerhalb ihres Einflusses im Internet und den sozialen Netzwerken passiert. Die Zunahme von Meinung statt Information ist hier der einfache Ausweg, hat aber dadurch auch das Potenzial, den erheblichen Vertrauensverlust, der schon vor langen Zeit begonnen hat, nachhaltig zu verstärken.  In diesem Kontext, in dem vielen Wählern das Gefühl der Objektivität irgendeiner Information zunehmend verloren geht, ist das Verlangen nach wirklich objektiven Informationen umso größer.

Diese Lücken füllen zum Teil die Umfragen, die zwar durch ihre große Volatilität bis kurz vor der Wahl eigentlich kaum irgendeine ernsthafte Prognosekraft haben, aber dennoch die neutralsten Analysen von Stimmungen und Prozessen innerhalb der Parteien möglich machen. Zum ersten Mal wurden sie sogar von den Republikanern eingesetzt, um bei den zahlreichen Bewerbern objektiv festlegen zu können, wer überhaupt in der relevanten TV-Debatte antreten darf.

Aktuell sind vor allem bei den Republikanern zwei Umfragewerte von größerer Bedeutung: Der nationale Durchschnittswert aller Umfragen und die Durchschnittswerte der ersten richtigen Wahlen in Iowa und New Hampshire.

In den nationalen Umfragen gab es in den letzten Monaten ein sehr klares Bild. Bis zum Eintritt Donald Trumps lag Jeb Bush mit einem knappen Vorsprung und Unterstützung von circa 15 bis 20 Prozent unter Republikanern an der Spitze des Bewerberfelds. Seit Trump aber seine Kandidatur erklärt hat, lag der Reality-TV-Star mit Werten zwischen circa 30 und 25 Prozent ununterbrochen an der Spitze des Feldes, bis er zuletzt fast von Ben Carson eingeholt wurde. Carsons Aufstieg in den Umfragen begann zwei Monate später als Trumps und verlief steiler, aber doch sonst sehr parallel zu dem von Donald Trump. Mittlerweile sind beide Kandidaten in den Umfragen mit 24,8 und 24,4 Prozent fast gleichauf mit einem leichten Vorteil für Trump. Auf Platz drei mauserte sich in letzter Zeit Marco Rubio. Er wird immer mehr zu der Establishment-Alternative zu Trump und Carson mit 11,8 Prozent. Alle anderen Kandidaten können nicht einmal mit zehn Prozent Unterstützung für ihre Kandidatur unter den Republikanern rechnen.

Doch das Besondere an den amerikanischen Vorwahlen ist ja, dass sie in jedem Staat einzeln in zeitlicher Abfolge stattfinden, das heißt, man kann sie nur Staat für Staat gewinnen. In diesem Zusammenhang sind die Umfragen in Iowa und New Hampshire sehr wichtig, die als erstes ihre Stimme in den Vorwahlen abgeben. In Iowa ergibt sich aktuell das gleiche Bild wie in den nationalen Umfragen, was an sich schon ein außergewöhnlicher Umstand ist. Nur hier hat nicht Carson Trump in letzter Zeit eingeholt, sondern Trump Carson. Der sehr seltsam auftretende Neurochirurg Carson hatte in Iowa im September nämlich noch knapp zehn Prozent Vorsprung vor dem New Yorker Bau- und Medienmogul.

In New Hampshire dagegen liegt Trump unangefochten an der Spitze der Umfragen, hier würden ihn mehr als 27 Prozent der Wähler unterstützen, aber nur knapp 15 Carson, circa 10 Prozent Marco Rubio.

Die Tatsache, dass immer noch so viele Kandidaten im Rennen sind, ist erstaunlich. Unter normalen Umständen hätten Rand Paul, John Kasich, Mike Huckabee, Chris Christie, Bobby Jindal und Lindsey Graham schon längst aus dem Rennen austeigen müssen, um zum Wohle der Partei einen ernsthaften Kandidaten zu unterstützen. Dieses Verharren in einem Rennen, das man nicht gewinnen kann, nützt wohl langfristig weder den betroffenen Kandidaten selbst, noch der Partei oder dem Land und ist wahrscheinlich von der Angst geprägt, im Falle des Ausscheidens, noch ein ganzes Jahr keinen Zugang mehr zu nationaler Öffentlichkeit zu bekommen.

Das besondere an diesen Umfragen ist jedoch, dass eigentlich noch niemand wirklich daran glaubt, dass entweder Trump oder Carson tatsächlich die Nominierung erhalten. Weder die Republikaner selbst, noch die Demokraten oder Journalisten glauben ernsthaft, dass es wirklich dazu kommen wird, dass Donald Trump im November 2016 gegen Hillary Clinton kandidieren wird. Hätten Bush, Rubio oder Christie Trumps Umfragewerte, dann würde man jetzt ausschließlich über Kabinettsposten und über die Frage sprechen, wer der running mate, also der potenzielle Vizepräsident, wird. Wir werden also sehen, wer am Ende Recht behalten wird, die Experten oder die Weisheit der Umfragen?

PS: Was verraten die Umfragen in Bezug auf die Demokraten? Clinton wird die Nominierung erhalten!


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