Die Republik der Hobby-IMs oder eine neue Zivilcourage im Netz?

Hass und Hetze im Internet

Wer sich heutzutage in den sozialen Netzwerken wie Facebook umsieht, bekommt dort einen bedenklichen Spiegel seiner Zeit zu sehen. Nachdem ganz Deutschland über das Thema Asyl debattiert ist auch das Thema Rechtsextremismus in den sozialen Medien angekommen. Dort geben  Menschen Äußerungen in einer scheinbaren oder realen Anonymität von sich, die teilweise nur noch schockieren können. Ausländer- und Schwulenhass schlagen dem Leser ins Gesicht. Von Vergasung und Verbrennung ist die Rede.

 

Während die Online-Hetze aus bestimmten Kreisen auch Zuspruch erfährt, machen es sich einige Facebookseiten oder Blogs zur Aufgabe, die Täter zu jagen und solche Äußerungen ihren Arbeitgebern zu melden. Erst neulich verlor so ein Auszubildender seine Lehrstelle, der zur Verbrennung von Flüchtlingen aufgerufen hatte. Inzwischen ist auch die Bundesregierung mit dem Thema befasst: Bundesjustizminister Heiko Maas sucht nun am 14. September das Gespräch mit Facebook. Ziel ist es, die Gemeinschaftsstandards zu verbessern, um Hetze zu unterbinden.

 

Die Freiheitsfragen, die wir uns stellen sollten

Kurz zusammengefasst sind die Fragen folgende:

  • Sollte die Regierung das Löschen von Nachrichten und Kommentaren verfolgen?
  • Ist die Existenz von Blogs, die solche Hetze aufdecken, zu begrüßen?

 

Bei diesem Thema schlagen zwei Herzen in meiner Brust:

Einerseits sollte eine Gesellschaft gegen Extremismus vorgehen und es schaffen, den Einzelnen auch vor Hass zu schützen. Eine liberale und tolerante Gesellschaft muss offensiv verteidigt werden.

Auf der anderen Seite sehe ich die Beschränkung der Meinungsfreiheit im Internet durch die Regierung. Ist es möglich, dass das Löschen von Nachrichten bei Facebook der erste Schritt in Richtung Internetzensur ist?

 

Pro Verbot und Blogs

Eine freie Gesellschaft kann keine Toleranz der Intoleranz gegenüber zeigen. Wenn jemand im Internet gegen Menschen hetzt ist dies eine Straftat. Zur Aufklärung einer Straftat beizutragen oder einfach nur Laut gegen Fremdenhass zu sein nannte man mal Zivilcourage. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Wenn ich etwas rechtswidriges sage oder schreibe, egal ob eine falsche Aussage vor Gericht, Rufmord oder Volksverhetzung, so ist dies strafbar.

Auch was im Netz geschrieben wird unterliegt dem Gesetz. Und dies aus guten Grund: Wer die Täter dort gewähren lässt riskiert das aus Worten Taten werden. Erst durch ein Klima der neuen Hemmungslosigkeit eskaliert dieser Hass in brennenden Flüchtlingsunterkünften. Wenn ich zur Verbrennung von Menschen aufrufe ist dies eine Straftat. Blogs die solche Täter bloßstellen sind hier die Gegenbewegung der Zivilgesellschaft. Und auch der Regierung  kann man nicht vorwerfen wenn sie diesen Schutz des Einzelnen auch im Netz fordert

 

Contra Verbot und Blogs

Doch es gibt auch eine andere Sicht auf die Dinge: Vor einigen Jahren äußerte sich der damalige FDP Vorsitzende Rösler zum NPD Verbot mit den Worten „Dummheit kann man nicht verbieten“. Auch hier muss man wieder hinterfragen was die Konsequenzen eines Löschens durch Facebook wären? Würde diese Menschen nicht weiter ihre faschistoide Meinung behalten und mit dieser aus dem Internet wieder an den Stammtisch zurückgehen, wo Posts nicht gelöscht werden. Und ist es überhaupt möglich einem (amerikanischen) Konzern dies vorzuschreiben? Nicht jeder Zweck heiligt die Mittel. Wenn man etwas paranoid ist, so könnte man im Löschen von Inhalten den ersten Schritt Richtung Internetzensur sehen. Was wenn es weitere unerwünschte Inhalte im Netz gibt die nach Meinung der Regierung gelöscht werden müssen? Schon jetzt geistern Vergleiche zwischen Heiko Maas und 1984 durch die sozialen Netzwerke.

Desweitern könnte man argumentieren das ein moderner liberaler Menschen einfach Dummheit ertragen können muss. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Frei nach Voltair könnte man also sagen „Ich verachte Ihren Facebook-Post, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie ihn posten dürfen“. Was ist denn die Konsequenz davon wenn man Menschen ihre Meinungen verbietet? Ab wann ist etwas Hetze und wann nur eine Meinung jenseits eine Mainstreams? Legal mögen die Blogs sein, denn Facebook wird von Gerichten als öffentlicher Raum eingestuft. Auch die Entlassung ist legal wenn ein Unternehmen Angst um seinen Ruf haben muss. Doch gibt es nicht die Gefahr das political correctness in ein Neusprech eskaliert? Das man sich jedes mal überlegt: soll ich das nun schreiben? Darf man das noch sagen? Ein Klima der Angst bzgl. Meinungsäußerungen darf niemals entstehen und ein privater Überwachungsstaat kann so freiheitsraubend wie ein staatlicher sein.

 

Eine Frage der Abwägung

Vieles im Internet mag auch anders rüber kommen als es gemeint ist. Es ist nur ein Zerrbild oder einen Aspekt einer Person den wir zu sehen bekommen. Kein Medium transportiert Ironie so schlecht und sorgt so leicht für Missverständnisse wie das Netz. Meiner Meinung nach ist in dieser Frage nicht alles schwarz oder weiß.  Es ist schrecklich wenn jemand die Vergasung von Menschen fordert, jedoch ist die Forderung nach begrenzter Einwanderung eine Forderung die man aussprechen dürfen muss, auch wenn ich diese nicht teile. Es geht zu weit  wenn jemand das Erhängen von Homosexuellen fordert, doch es ist eine legitime (meiner Meinung nach falsche) Position wenn man Adoptionsrecht und Ehe nicht öffnen will. Was Hass ist und was nicht ist eine Frage der Abwägung. Es gibt keinen Königsweg. Als Demokraten sollten wir Hass im Netz bekämpfen, jedoch sollten wir immer auch reflektieren wann wir selbst eine Grenze überschreiten.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Die Republik der Hobby-IMs oder eine neue Zivilcourage im Netz?“

  1. Avatar von Reiner Schöne

    „Ich verachte Ihren Facebook-Post, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie ihn posten dürfen“. Genauso sehe ich das auch. Egal was geschrieben wird, es ist eine Meinung, man kann sie akzeptieren oder verwerfen. Außerdem regen solche Einträge zum nachdenken an, zum diskutieren. Es ist eine Möglichkeit Gedanken auszutauschen und zu reden. Man möchte nur Haßeinträge sperren, wer sagt uns was Haß ist, wer kontrolliert die Kontrolleure? Was einer als Haß einstuft muß die Mehrheit nicht so sehen. Hier geht es einfach um Kontrolle der Medien, Beschneidung der Meinungsfreiheit und es könnten Menschen lesen die vorher noch ganz anderer Meinung (staatlicher Meinung) waren. Die vorgegebenen Haßeinträge die man sperren möchte, liegen eindeutig nicht auf der staatlich verordneten Linie, alle Einträge die konform sind bleiben. Ich habe selbst eine Seite gefunden die sich“Freepalestine2″ nennt, offener Haß gegenüber Israel und Juden. Von „Vernichten“ bis „Vergasen“ ist alles drin. Dumm nur, diese Seite wird nicht von Deutschen geführt sondern von Palästinensern, also ist alles legal was dort steht. Also kein Grund um sie zu sperren. All das beweist, es soll die staatliche Kontrolle über das Internet erlangt werden.

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