Die Flüchtlingsproblematik beherrscht schon seit Tagen die deutsche Medienlandschaft. Was wir dort präsentiert bekommen sind vor allem die Auswirkungen einiger katastrophaler Verfehlungen. Was viel zu kurz kommt sind die Ursachen der Problematik, denn diese werden kaum beleuchtet. Neben den spezifischen Problematiken in den Herkunftsländern ist dort vor allem das Totalversagen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu nennen.
Das vornehmliche Ziel der Asylpolitik in Deutschland sollte sein, Anträge auf Asyl möglichst schnell aufzunehmen und über diese zu entscheiden. Dies würde allen Beteiligten helfen: Die Asylbewerber müssten nicht monatelang in Unkenntnis über ihr Schicksal verharren, sondern bekämen eine zeitnahe Rückmeldung über die Erfolgsaussichten ihres Vorhabens. Bei denjenigen, denen dauerhaft Asyl gewährt wird, könnte der Integrationsprozess viel früher beginnen und diejenigen, denen Asyl verwehrt wird, würde man viel schneller ausweisen können. Die Erstaufnahmelager wären schneller wieder bereit, neue Flüchtlinge aufzunehmen und insbesondere die Kommunen würden deutlich entlastet werden.
Die Realität sieht leider so aus, dass das zuständige BAMF aktuell im Schnitt knapp sechs Monate braucht, um über Asylanträge zu bescheiden – Tendenz selbstverständlich steigend. Stand Ende Juni liegen im BAMF 12.000 Anträge seit mehr als 2 Jahren unbeantwortet herum. Bei 130.000 gestellten Anträgen im Jahr 2013 sind dies knapp 10% der Anträge, die länger als 2 Jahre bis zur Entscheidungsreife brauchen. Wohlgemerkt in Zeiten von moderaten Posteingängen. Zum Vergleich: Aktuell ist man so blauäugig zu glauben, dass es bei 800.000 Neubewerbern in 2015 bleibt. Rein rechnerisch dürften Asylanträge dann zukünftig wohl eher Jahrzehnte als Jahre im BAMF liegen bleiben.
Das BAMF ist ganz eindeutig das Kernproblem der aktuellen Asylproblematik. Man hat keine Ahnung, wie man den Herausforderungen gerecht werden soll. Angeblich seien weitere Stellen bewilligt, doch deren Besetzung gerät ins Stocken. Hinzu kommt noch die daran anschließende Ausbildung der neuen Mitarbeiter. Eine Besserung ist also nicht in Sicht. Ich behaupte: Solch eine lange Bearbeitungszeit ist skandalös und stellt ein Verbrechen an den Rechten der Asylbewerber dar!
Will man einen Beweis dafür haben, dass staatliche Behörden jegliche Dienstleistungsorientierung vermissen lassen, so liefert das BAMF diesen par excellence. Man hat das Bild vor Augen, wie ein verbeamteter Sachbearbeiter vor einem Papierhaufen sitzt, der täglich wächst und sich schon bald auch über den Fußboden und den Flur erstreckt. Man darf jedoch nicht den Fehler machen, den Sachbearbeitern die Schuld zuzuschieben. Verantwortlich ist hier in erster Linie die Führungsriege der Behörde und in letzter Instanz ihr oberster Chef, der Bundesinnenminister.
Der eigentliche Skandal ist, dass man überhaupt keine Anstalten macht, strukturell etwas zu verändern. Was das BAMF so schnell wie möglich braucht ist eine komplette Umstrukturierung auf der Grundlage anerkannter betriebswirtschaftlicher Prinzipien, denn was sich in Unternehmen der privaten Wirtschaft mit ähnlichen Strukturen bewährt hat, muss nun auch endlich in eine Bundesbehörde Einzug finden. Die folgenden Schritte muss das BAMF nun umsetzen:
1. Nehmt eine grundlegende Umstrukturierung vor, orientiert an der Komplexität der Fälle!
a) Zuallererst solltet ihr eine eigene Abteilung für das Herkunftsgebiet Westbalkan gründen. Diese Anträge werden fast allesamt abgelehnt. Deshalb: Definiert klare Gründe, weshalb man einen Antrag aus dem Westbalkan NICHT ablehnen sollte. Sofern nicht einer dieser Gründe vorliegt sollten alle Anträge abgelehnt werden. Dies sollte innerhalb von 2 Tagen statt von 2 Jahren möglich sein, was die Anreize für ein erneutes Asylgesuch im Folgejahr deutlich reduzieren würde.
b) Gründet eine Abteilung für Syrien und alle anderen Länder, in denen nachweislich Krieg und politische Diskriminierung herrschen. Diese Anträge werden fast ausnahmslos positiv beschieden. Deshalb: Falls es gute Gründe gibt, weshalb man diese überhaupt ablehnen sollte, so definiert diese. Andernfalls solltet ihr diese Anträge gefälligst sofort positiv bescheiden und den Ärmsten der Armen dadurch so schnell wie möglich eine Perspektive bieten!
c) Auch für alle anderen Herkunftsländer sollte man klare Kriterien definieren, wann ein Antrag abzulehnen ist und wann er anzunehmen ist. In der Privatwirtschaft hat es sich bewährt, mehrstufige Verfahren anzuwenden. In einem 1st Level werden zunächst alle ganz eindeutigen und objektiv prüfbaren Anträge bearbeitet. Sollte es sich um einen Fall in der Grauzone handeln, so kann dieser an Experten im 2nd Level abgegeben werden. Der Vorteil: Die Mitarbeiter im 1st Level können schnell gefunden und eingestellt werden, weil das Anforderungsprofil geringer ist. Da die Arbeit anhand von Checklisten möglich ist, entfällt eine langwierige Einarbeitung. Die wertvollen und gut ausgebildeten Experten im 2nd Level müssen sich nun nicht mehr fast ausschließlich mit eindeutigen Anträgen beschäftigen, sondern bekommen nur noch die Anträge, die wirklich detailliert geprüft werden müssen.
Diese Umstrukturierung muss flankiert werden durch ein vernünftiges System zur internen Verteilung der Asylanträge. Mittlerweile ist es möglich, Anträge einzuscannen, das Herkunftsland anhand digitaler Texterkennung zu ermitteln und automatisiert auf elektronischem Wege an die zuständige Abteilung zu senden. Auch wenn sich dies vielleicht nicht vom einen auf den anderen Tag umsetzen lässt, so muss sichergestellt werden, dass ein Antrag auf Asyl so schnell wie möglich beim richtigen Sachbearbeiter landet.
2. Ein grundlegender Paradigmenwechsel muss her, hin zu mehr Vertrauen und Entscheidungskompetenz!
a) Gerade in juristischen Fragestellungen zu Anträgen wird man schnell argumentieren, dass viele Anträge gnadenlos komplex seien und dass es enorm wichtig sei, die Anträge monate- und jahrelang zu prüfen. Dabei darf man allerdings nie vergessen, dass es hier um Schicksale von Menschen geht, die auf eine Entscheidung warten, die ihr gesamtes Leben verändert. Es ist daher an der Zeit, die Philosophie der behördlichen Paragraphenreiterei über Bord zu werfen und zu lernen, schnelle Entscheidungen zu fällen. Im Interesse der Menschlichkeit sollte ein Antrag im Zweifelsfall einfach bewilligt werden statt ihn jahrelang weiter zu prüfen!
b) Das BAMF muss seinen Mitarbeitern vertrauen! Behördliche Entscheidungsstrukturen sind meist sehr hierarchisch aufgebaut. Die einzelnen Ebenen haben kaum Entscheidungskompetenz und vieles muss zur Entscheidung vorgelegt werden – oft sogar über mehrere Ebenen hinweg. Das BAMF muss lernen, seinen Mitarbeitern auf unteren eben mehr Entscheidungskompetenz und Eigenverantwortung zu gewähren, um die Verfahren zu beschleunigen.
c) Und zu guter Letzt: Die Mitarbeiter und Führungskräfte des BAMF müssen sich ihrer Verantwortung bewusst werden. An sie geht der Appell: Ihr könnt etwas bewegen! Steht auf und macht den Mund auf! Macht eurem Ärger Luft und setzt eure Chefs, vor allem den Bundesinnenminister, unter Druck! Fordert Veränderungen! Ich weiß nicht, ob ihr euch darüber im Klaren seid, welch große Verantwortung für viele Menschenschicksale ihr habt. Nehmt diese Verantwortung wahr und tut alles dafür, um diesen Menschen so schnell wie möglich zu helfen!
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