Asylbewerber - Flüchtlinge - Asyl

Ich denke also bin ich

Lange Zeit dachte ich, in einem aufgeklärten, liberalen und demokratischen Land zu leben. Die Humanisten sind vielleicht nicht mehr jedem präsent, aber ihre Werte klingen irgendwie noch immer mit in der Gesellschaft.  Letztlich glaubte ich, die tiefste Phase der Geschichte, die leider auch die dunkelste der deutschen Geschichte ist, überwunden und durch die Erkenntnis ersetzt, dass eine Welt nach Auschwitz nicht mehr dieselbe sein kann. Unabhängig  jeder Geschichte und Nationen, sollte dies besonders für Deutschland gelten.

Jäh werde ich aus meinem, offenbar naiven Weltbild gerissen. Heißes, schneidendes Licht fällt auf Deutschland, während Heime für Asylbewerber in Flammen aufgehen. In einen braunen Schatten gehüllt, betrachten Bürger das Schauspiel, während gejagte und gehetzte Menschen versuchen das Leben zu retten, welches ihnen am Ende noch geblieben ist. Für viele ist es nicht die erste Heimat, und nicht die erste in Flammen. Die Bürger, welche sich selbst der Aufklärung und den Humanisten verdanken, sehen sich in der Pflicht, Deutschland  gegen die Ströme an Menschen zu verteidigen, welche ausschließlich mit dem Willen in die deutschen Lande reisen, den trägen Sozialstaat auszunutzen. Das wird man ja schließlich noch sagen dürfen.

Natürlich läuft die Hilfe für Asylbewerber und die Kommunen vor Ort alles andere als optimal und Verbesserungen können und sollten immer gemacht werden (Asyl in Deutschland). Dennoch ist jedes brennende Flüchtlingsheim, und jede selbsternannte Bürgerwehr und jeder rassistische Kommentar, einer zu viel. Jedoch sehe ich nicht, dass von Seiten der Politik hier angesetzt wird. Viel mehr, werden Menschen, die sich im Schatten der Anonymität im braunen Licht sonnen, in ihrer erschreckenden Geisteshaltung noch bestärkt. Denn die Ängste des deutschen Michels muss man ernstnehmen.

Ein Bayer, der Abfanglager an der Heimatgrenze fordert, weckt bei mir Unmut, solange er es am Stammtisch nach dem zweiten Weizen seinen Doppelkopf-Kumpanen zuprostet. Ein Ministerpräsident  mit der gleichen Forderung bereitet mir massive Bauchschmerzen.

Die Frage, welche sich mir aber stellt ist, wovor Menschen mit rassistischem Hintergrund eigentlich Furcht verspüren? Ist es wirklich die Sorge vor „massivem Asylmissbrauch“, was für sie offenbar ein Verbrechen sondergleichen ist? Nicht aber- und diese Argumentation könnte ich zumindest nachvollziehen- aus Sorge, durch „massiven Asylmissbrauch“, fehlt die Hilfe an anderen Stellen, sondern aus mir unerfindlichen Gründen.

Befürworter einer harten Ausländer- und Asylpolitik warnen immer vor steigender Kriminalität.  Damit haben sie auch zweifelsohne Recht, denn Brandstiftung ist ein Verbrechen, auch wenn es sich gegen Asylbewerber richtet.

Am Ende steht aber immer noch ein Problem, dass wir offenbar in Deutschland haben und das sich in all den Jahren nicht geändert hat. Noch immer sind Menschen in Deutschland massiv betroffen von Bildungsmangel. Hier kann man nur der Politik und der Bildungspolitik im Besonderen einen Vorwurf machen. Der Erfolg eines Bildungsweges kann sich nicht daran messen lassen, ob jemand am Ende in der Lage ist eine Gedichtinterpretation in vier Sprachen zu schreiben oder seine Lebensversicherung erfolgreiche auszufüllen. Der Erfolg einer funktionierenden, westlichen und humanistischen Bildung kann sich aber an der Zahl von brennenden Asylbewerberheimen messen lassen!

Und vielleicht, nur vielleicht, kann ich dann meine Augen auf machen und lebe doch in einem humanistischen Deutschland.

 

„Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung. Sie geht so sehr jeglicher anderen voran, dass ich weder glaube, sie begründen zu müssen noch zu sollen.“  – Theodor W. Adorno


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