Race for the White House 23rd Edition
Zwei Tage nach Hillary Clintons großer Eröffnungsrede zum Wahlkampf in New York City erklärte der andere Frontrunner mit berühmten Namen seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen 2016: Jeb Bush. Diese Ankündigung kam so überraschend wie die von Hillary Clinton, die ihre Kandidatur zwar zuvor bereits über das Internet bekannt gemacht hatte, aber letzte Woche erst ihre offizielle Eröffnungsrede hielt.
Bushs Inszenierung unterschied sich in vielen Details von Clintons. Sein Auftritt war erstens deutlich kleiner, und auch nicht an einem besonders geschichtsträchtigen Ort, aber vor allem fiel auf, dass sie nicht ganz so perfekt inszeniert war. Obwohl der Republikaner zu diesem Zeitpunkt, laut einigen Berichten, schon knapp 100 Millionen US-Dollar Spenden gesammelt haben soll, leistete er sich wohl bewusst nicht den ganz großen, pompösen Auftritt. Der ehemalige Gouverneur Floridas verzichtete im Gegensatz zu Clinton auch auf den sonst obligatorischen Teleprompter und seine Rede fühlte sich, trotz oder auch wegen einiger kleiner Versprecher, insgesamt authentischer an als Clintons bis ins kleinste Detail durchchoreographierter Auftritt.
Der dritte Bush
John Ellis Bush, kurz Jeb, ist der Sohn des 41. Präsidenten George H. W. Bush und der Bruder des 43. Präsidenten George W. Bush. Charakterlich unterscheidet Jeb Bush sich sehr von seinem älteren Bruder, da er, wie er selber angibt, eigentlich sehr introvertiert ist, was auch bei öffentlichen Auftritten manchmal ersichtlich wird. In einem Fernsehinterview sagte der ehemalige Gouverneur, dass er sich anfänglich mit der exponierten Rolle eines amerikanischen Spitzenpolitikers schwer getan hätte, aber diese schon lange überwunden hätte. Was Bush darüber hinaus vom Rest seiner Familie unterscheidet, ist auch die Partnerwahl. Im Gegensatz zu seinem Bruder und seinem Vater, die beide in sehr konventionellen amerikanischen Familienverhältnissen leben, hat Jeb die mexikanisch stämmige Columba Garnica Gallo geheiratet, mit der er drei Kinder hat. Bush hat dadurch eine sehr enge Beziehung zu Mexiko und den in den USA lebenden „Hispanics“, zu welchen ja auch seine Kinder gehören. Viele halten das für einen unschätzbaren Vorteil in den Präsidentschaftswahlen 2016. Politisch ist Bush in Florida beheimatet, dort war er acht Jahre lang Gouverneur und damit der erste Republikaner, der zwei Amtszeiten als Landesvater bestritt.
Wofür steht Jeb Bush?
Als Gouverneur zeichnete er sich durch viele Steuersenkungen, eine liberale und deregulative Wirtschaftspolitik und vor allem auch durch eine Schulreform aus. Seine vom konservativen Kanon abweichenden Ansichten zur Bildungspolitik sorgen bis heute für kontroverse Diskussionen in der GOP. In der Vergangenheit war Bush vor allem als ein Befürworter von gemeinsamen Lehrplanstandards aller Bundesstaaten, genannt Common Core, aufgefallen.
Für seine Präsidentschaftskandidatur hat er auf seiner Announcement Speech vor allem über Wirtschaftswachstum und Deregulierung gesprochen, dadurch möchte er der amerikanischen Wirtschaft jährlich ein Wachstum von mindestens vier Prozent ermöglichen und damit 19 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen. Obwohl Florida während Bushs Amtszeit durchgängig ein Wirtschaftswachstum in dieser Größenordnung vorweisen konnte, halten einige Ökonomen dieses Versprechen für unrealistisch.
Bush nannte weitere inhaltliche Ziele für seine Präsidentschaft: Jeb Bush will gegen die Elite in Washington angehen, die Religionsfreiheit schützen, das Militär wieder stärken, Kuba weiter unter Druck setzen, solange es von Diktatoren beherrscht wird, und die Unterstützung Israels wieder ins Zentrum der amerikanischen Außenpolitik stellen.
Präsident Obama, Außenminister Kerry und Clinton attackierte er wegen des außenpolitischen Desasters, das sie im erweiterten Nahen Osten angerichtet hätten und dem Präsidenten wirft er persönlich vor, dass er in Zeiten eines islamischen Fundamentalismus, der die USA direkt herausfordere, diese Gefahr durch Vorträge über die Grausamkeit der Kreuzzüge relativiere.
Besonders wichtig ist ihm, politisch sowie persönlich, dass eine ernsthafte Reform des Einwanderungsgesetzes beschlossen wird, auf Englisch Meaningful Immigration Reform, die nicht nur wie aktuell in einer Verwaltungsdirektive des Präsidenten bestehen soll und darf.
Jebs Strategie
Wie jede Strategie, die sowohl im Vorwahlkampf als auch im Hauptwahlkampf in den USA vom Erfolg gekrönt sein soll, besteht auch die des erfahrenen Wahlkämpfers Bush aus mehreren Elementen, zu denen auch immer die persönliche Fitness gehört, die immensen Anstrengungen eines knapp zwei Jahre andauernden Wahlkampfes zu überstehen. Um dieses Ziel zu erreichen, lebt Bush übrigens aktuell nach der umstrittenen Paleo-Diät mit der er schon über 30 Pfund abgenommen haben soll.
Bush versucht, sich den republikanischen Vorwählern als Reformer und „Fix-it“ Politiker zu verkaufen, der nicht immer nur redet, sondern pragmatisch Probleme löst. Dabei vertraut er vor allem auf seine durchweg positive wirtschaftspolitische Bilanz als Gouverneur von Florida.
Mit seiner taffen Außenpolitik, seiner liberalen Wirtschaftspolitik und seiner Unterstützung für die besonderen religiösen Freiheiten der USA will er bei den konservativen Vorwählern vor allem in Iowa und im sehr konservativen Süden punkten.
Durch seine besonderen Ansichten beim Thema Einwanderung und Bildung will er auch für breitere Schichten in der Mitte der amerikanischen Bevölkerung wählbar bleiben und zuletzt auch in Verbindung mit seiner persönlichen Lebensgeschichte, und natürlich auch der Tatsache, dass er perfekt Spanisch spricht, die Wählerschaft der Republikaner weit in die Reihen der mehrheitlich demokratischen wählenden Hispanics erweitern. Aus diesem Grund sprach er die spanischen Wähler auch in seiner Eröffnungsrede direkt auf Spanisch an, sicherlich ein Novum im republikanischen Wahlkampf.
Viele Strategen der republikanischen Partei halten dies für den entscheidenden Faktor in den Vorwahlen 2016. Da die Republikaner dieses Mal unbedingt wieder gewinnen wollen, werden sie sich disziplinieren und sich auf einen Kandidaten einigen, der die Wählerschaft ihrer Partei vergrößern kann.
Dass er sich im Marketing seiner Kampagne auf seinen Vornamen konzentriert, ist ein Zeichen davon, dass die Tragweite seines Familiennamens in dieser Vorwahl eher ein Nach- als ein Vorteil sein könnte. Deshalb versucht er, ein wenig Distanz zwischen sich und seine Familie zu bringen. Dafür spricht auch die Tatsache, dass zwar seine Mutter, nicht aber sein Bruder oder sein Vater bei seiner Eröffnungsrede anwesend waren. Bei Hillary Clintons Eröffnungsrede war der sehr beliebte Ex-Präsident Bill Clinton selbstredend anwesend.
Bush vs. Clinton
Sehr viel unterschiedlicher könnten die Visionen, die beide Kandidaten für die Zukunft der Vereinigten Staaten haben, nicht sein. Auch in ihrer Analyse der Probleme der USA liegen beide weit auseinander. Jeb Bush sieht die aktuelle Regierung und den enormen Staatsapparat als Ursache der Probleme, da sie durch Behinderung, Überregulierung und Überbesteuerung die wirtschaftliche Entwicklung des Landes abwürgten. Clinton hingegen hat ganz klar die Privatwirtschaft und vor allem die üblichen Verdächtigen, die Vorstandsvorsitzenden, Hedgefonds etc. als Übeltäter ausgemacht.
Dennoch haben beide Kandidaten sehr viele Gemeinsamkeiten. Beide kommen aus einer Familie, die man als amerikanische Dynastie bezeichnen kann. Beide Kandidaten bewegen sich weg von der Politik ihrer Familien, so steht Hillary Clinton sehr weit links von der Wirtschaftspolitik ihres Mannes und hat dessen Strafrechtspolitik offen als gescheitert bezeichnet, und Bush hat den Irakkrieg und damit das außenpolitische Vermächtnis seines Bruders zu einem Fehler erklärt.
Darüber hinaus sind beide Kandidaten äußerst wohlhabend. Bush wurde schon in eine sehr reiche Familie hineingeboren und hat bei großen Banken wie Barclays und auch der berüchtigten Bank Lehman Brothers gearbeitet. Clinton ist durch den Aufstieg ihres Mannes, ihre politischen Ämter, aber vor allem durch Vortragshonorare in Millionenhöhe reich geworden. Ihre eigenen Verbindungen in die Finanzwelt hat sie aber schon als Senatorin von New York geknüpft.
Beide sind an der Wallstreet sehr gut vernetzt und darüber hinaus oder vielleicht deswegen die unangefochtenen Meister des Fundraising in ihren Parteien.
Auch gehören beide zu den älteren Kandidaten ihrer Parteien, beide sind über 60 und werden von den äußeren Rändern ihrer Parteien stark unter Druck gesetzt, Clinton von Sanders und Warren und Bush von Trump, Santorum, Cruz und Paul.
Wie stehen die Chancen?
Auch wenn der ehemalige Gouverneur des Sunshine State in den Umfragen etwas nachgelassen hat und im Gegensatz zu Hillary Clinton keine 50 Punkte Vorsprung vor seinen Konkurrenten vorzuweisen hat, gilt er insbesondere wegen seines „Hispanic Appeals“ und seiner enormen finanziellen Ausstattung als Frontrunner seiner Partei. Doch auch auf seiner Eröffnungsrede hat er klargestellt, dass er sich auf die Auseinandersetzung in den Vorwahlen freut und es begrüßt, dass es im Gegensatz zu den Demokraten einen echten Wettbewerb um die Nominierung der Republikaner gibt und dass niemand ein natürliches Vorrecht auf die Nominierung hat.
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