Donnerstag ist es endlich soweit – Großbritannien bekommt eine neue Regierung! Oder doch nicht? Vieles deutet jedenfalls darauf hin, dass der Wahltag mit vielen offenen Fragen endet. Eine absolute Mehrheit für Tories oder Labour ist ausgeschlossen, den horrenden Wahlkampfausgaben und Materialschlachten zum Trotz. Auch für eine Zweier-Koalition dürfte es eng werden. Die schottische SNP hätte zwar zusammen mit den Tories eine sichere Mehrheit, allerdings sind sich die Parteien ähnlich nahe wie CSU und Piratenpartei. Für die immer wieder diskutierte Koalition von SNP und Labour indes wird es eng, eine Mehrheit wird derzeit in fast allen Umfragen knapp verfehlt. Die Liberalen dürften als Koalitionspartner weitgehend nutzlos sein, da sie aufgrund ihrer Schwäche weder Tories noch Labour zur Mehrheit verhelfen dürften. Und mit UKIP will sowieso niemand. Übrig blieben also zunächst wohl nur Dreier-Koalitionen – ein Novum in der britischen Geschichte.
Das politische System auf der Insel würde eine Dreierkoalition wohl schnell scheitern lassen. Weder sind die britischen Parteien besonders kompromissfreudig, noch schätzen die Briten unklare Verhältnisse. Bereits die derzeitige Zweierkoalition ist unbeliebt und ein wesentlicher Grund für den Niedergang des kleineren Koalitionspartners, der Liberalen. Würde nun eine der beiden großen Parteien eine Dreierkoalition formen – sie könnte die nächste Wahl mit Sicherheit abschreiben. Deshalb wird es wohl anders kommen.
Die Tories werden als stärkste Partei aus der Wahl hervorgehen, weshalb Premier Cameron am Freitag von der Queen in den Buckingham Palace geladen werden wird. Dort wird sie fragen, ob er eine stabile Regierung formen kann – was er wohl verneinen wird. Da aber auch Labour eine ernsthafte Machtperspektive fehlt, wird auch deren Chef Miliband nicht mit der Regierungsbildung beauftragt werden. Folglich stehen die Zeichen für eine konservative Minderheitsregierung nicht schlecht, Cameron bleibt also Premier. Was aber dann? Spätestens beim nächsten Staatshaushalt wird die Regierung die Parlamentsmehrheit verfehlen, Neuwahlen werden folgen. Was aber wird dann?
Auffällig bedeckt in dieser Frage hält sich der erste Anwärter auf Camerons Nachfolge. Auch wenn die Tories stets bemüht sind, den Prozess als offen darzustellen und mehr oder weniger verdiente Namen wie den von Innenministerin Theresa May, Außenminister Philip Hammond oder Schatzkanzler George Osborne ins Gespräch bringen, steht der Brutus des baldigen Cäsarenmordes schon lange fest. Mit der den Briten eigenen Mischung aus Arroganz, Volksnähe und Humor ist er der einzige Nachfolger, der die Tories zurück zur absoluten Mehrheit führen kann. Bereits seit sieben Jahren regiert er als Konservativer das über acht Millionen Einwohner zählende London. Noch in diesem Jahr wird es einen neuen Premier geben, der den Tories die absolute Mehrheit holt: Boris Johnson.
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