Wider die staatliche Bespaßung

Theoretisch ist es ganz einfach: In einer Demokratie bedarf es eines öffentlichen medialen Forums, mit dessen Hilfe sich jeder Bürger über politische und gesellschaftliche Fragen informieren kann – etwa, um bei der nächsten Wahl eine Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Partei treffen zu können.

Auf dieser Grundlage wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland der öffentlich-rechtliche Rundfunk gegründet. Doch beim Blick in das Programm von ARD und ZDF sowie der so genannten Dritten Programme fällt schnell auf, dass das Angebot herzlich wenig mit einer Grundversorgung zu tun hat. Ob Traumschiff oder Rosamunde Pilcher, Fernsehgarten oder Schlagerparade – die Liste absurder Beispiele lässt sich beliebig fortsetzen. Fest steht: Eine demokratische Willensbildung in der Bevölkerung ist auch ohne staatlich finanzierte Bespaßung möglich.

Schließlich kann die vermeintliche Nachfrage in der Bevölkerung nach Berichten über Nachwuchs in Königshäusern oder über sportliche Großereignisse ebenso gut durch private Anbieter erfüllt werden. Seit Anfang der Achtzigerjahre gibt es eine Vielzahl an privaten Rundfunkangeboten. Mediale Freizeit- und Unterhaltungsprogramm bedürfen keiner vorgekauten Liturgie durch Vertreter in den Rundfunkräten, sondern sollten sich nach den Wünschen der Zuschauer richten.

Dies hätte gleich mehrere Vorteile: Zunächst könnte man den Rundfunkbeitrag massiv senken. Zum 1. 4. ist die monatliche Haushaltsabgabe vor kurzem gerade mal um 48 Cent auf 17,50 € pro Monat gesenkt worden, obwohl die Rundfunkanstalten massive Überschüsse erwirtschaftet haben. Wenn sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf das Wesentliche konzentriert, kann die Belastung für die Bürgerinnen und Bürger spürbar reduziert werden.

In der Folge sollte das gesamte Finanzierungsmodell auf den Prüfstand gestellt werden. Um eine politische Einflussnahme zu minimieren, soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk bisher nicht direkt aus Steuereinnahmen finanziert werden. So weit so richtig – dennoch ergibt es kaum Sinn, neben der Steuerbürokratie Parallelstrukturen wie jene der Haushaltsabgabe zu schaffen. Mit einem transparenten Zuschlag zur Einkommenssteuer könnte jeder Bürger monatlich nachvollziehen, was ihn der öffentlich-rechtliche Rundfunk kostet.

Längst informieren sich die Bürger nicht mehr ausschließlich über Printmedien und Rundfunk. Das Internet ist für viele Menschen Hauptquelle ihrer täglichen Meinungsbildung geworden. Statt die verkrusteten Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks künstlich in die digitale Welt zu pressen, sollten die Verantwortlichen endlich die mediale Lebensrealität der Menschen zur Kenntnis nehmen. Überregulierung und Interventionismus verhindern auch auf dem digitalen Informationsmarkt einen Strukturwandel hin zu mündigeren Nachrichten-konsumenten: Warum muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk zur Konkurrenz von Nachrichtenseiten und Blogs aufgebaut werden, obwohl diese längst ohne Einmischung der öffentlichen Hand funktionieren? Brauchen der Saarländische Rundfunk und Radio Bremen wirklich jeweils eine gebührenfinanzierte App?

Der Verdacht liegt nahe, dass viele Bereiche des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schlichtweg weiter wachsen müssen, um überleben zu können. Insbesondere das digitale Fernsehangebot ist von diesem Zwang betroffen. Dabei wäre es eine wohltuende Umkehr, wenn statt immer neuer Angebote auch einmal Sender und Programme eingestellt würden, wenn ihnen die Zuschauer oder Zuhörer fehlen. Tatsächlich sorgen Doppel- und Dreifachstrukturen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk aber auch dafür, dass es in den entsprechenden Gremien wie den Rundfunkräten Sitze und Stimmen für jede politische Couleur gibt. Dies kann jedoch nicht Sinn der Grundversorgung sein.

Mehr Zutrauen in die Mündigkeit der Konsumenten, sich eigene Foren zum Meinungsaustausch zu schaffen, stünde einer Demokratie gut zu Gesicht.


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