Dann lasst es mit Europa doch ganz bleiben

Was gibt es eigentlich Neues in den letzten Tagen? Eigentlich ist alles wie immer. Helmut Kohl hat schon wieder Geburtstag, und ja die Junge Union versucht schon wieder ihn für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen. Also trautes Spiel für politischen Bratwurstjournalismus, denn in der Osterzeit passiert ja bekanntermaßen im politischen Berlin nichts: Also vielleicht ist jetzt ja im Feuilletonteil Platz für eine „Home-Story bei Helmut“ oder so. Leider spielt Bundesminister Karl Ernst Thomas de Maizière (CDU) da nicht mit und versaut dem Altkanzler doch glatt seinen alljährlichen Geburtstagsartikel. Denn in dem kurzen Zeitfenster zwischen einer Katastrophe und (beliebige Jahreszeit einfügen)-Pause scheint bei den Christdemokraten, passend zum C in ihrem Namen, bei manchen politischen Forderungen der Lazarus-Effekt einzutreten. So stehen die eigentlich längst zu Grabe getragenen Schengen-Grenzkontrollen vor der Wiederauferstehung, aber nicht nur die.

Die aktuellen Schlagzeilen daher kurz zusammengefasst: „Flugsicherheit im Schengen-Raum: Thomas de Maizière will zurück zu Ausweiskontrollen“ (Tagesspiegel), „Kampf gegen Terror: Thomas de Maizière will Elite-Einheit aufbauen“ (T-Online) und „Innenminister Thomas de Maizière in BILD | Ich mache Deutschland sicherer!“ (BILD). Ob der ehemalige Verteidigungsminister, der insbesondere durch die Abrüstung der Bundeswehr, das gescheiterte Euro-Hawk-Projekt und das Konzept „Breite vor Tiefe“ bekannt wurde, überhaupt schon einmal zur Sicherheit beigetragen hat, lassen wir mal offen. Im Übrigen sind ja alle seine Konzepte als Verteidigungsminister von seiner Nachfolgerin wiederaufgehoben worden – aber zurück zur Inneren Sicherheit. Gibt man bei der Google-Suche den Begriff „Innere Sicherheit“ ein, erhält man ungefähr 1,24 Millionen Treffer. An dieser Stelle kann man einmal raten, mit welcher Partei, die man als dritten Suchbegriff anhängen könnte, wohl die meisten Suchergebnisse produzieren werden? Gut, spätestens seit der Lobeshymne Luckes auf die Sicherheitspolitik der DDR, die ja wirklich ‚tot‘sicher war, müsste doch die AfD weit vorne stehen, oder etwa nicht? Weit gefehlt! Ungeschlagen auf Platz 1 mit 215k die CDU mit dem Top-Treffer www.cdu.de „Die CDU ist die Partei der inneren Sicherheit“.

Ganz nach dem Mission Statement der Christdemokraten versucht sich nun de Maizière als Totenbeschwörer der Ausweiskontrollen im Schengenraum – aus Sicherheitsgründen. Dies gilt dann insbesondere für das „Sicherheitsrisiko Fliegen“. Hier könnte man sich zwar durchaus fragen, wie denn die Sicherheitskontrollen bei Fluggästen noch mehr erhöht werden können. Fliegen ist heute wie das Einsitzen in einem Hochsicherheitsgefängnis. Jeder Passagier wird wie ein Schwerkrimineller durchleuchtet, abgetastet und an manchen Flughäfen durch einen Nacktscanner geschickt, während man beim Bahnfahren mit doppelt so vielen Passagieren seine MG-Sammlung durch die Lande kutschieren kann. Die einzigen Waffen, die man dagegen an einem Flughafen noch an Bord schmuggeln könnte, sind Fingernägel und Bücher.

Vielleicht hätte de Maizière einmal bei seinem prominenten Parteifreund Kohl nachfragen können, warum er denn am 14. Juni 1985 das erste Schengener-Abkommen unterschrieben hat, das sich im Übrigen bald zum 30. Mal jährt? Aus dem Schengener Abkommen ist inzwischen auch das europäische Konzept „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ geworden, also eine gemeinsame europäische Weiterentwicklung. Auf einen deutschen Sonderweg können wir hier gut und gerne verzichten, wenngleich die CSU-Maut für Ausländer schon wieder so manche Grenze aufbaut, die erst kürzlich gefallen ist und auch die scheintote Vorratsdatenspeicherung wieder neue Lebensenergie verspürt. Wenn also die größte gemeinsame Errungenschaft nach einer gemeinsamen Währung, nämlich die offener Grenzen ohne engstirnige verdachtsunabhängige Kontrollen, jetzt schon wieder zur Disposition steht, kann sich der Satz mit CDU und CSU macht Deutschland seine Grenzen zu doch wieder bewahrheiten. Auf solch eine Wiederauferstehung können wir verzichten.

Also liebe Christdemokraten, wenn ihr Helmut Kohl schon einen Friedensnobelpreis aufdrücken wollt, dann versaut ihm nicht die Geburtstagstorte.

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Platz 2 mit 168k: SPD

„Eine Sicherheitspolitik mit Augenmaß“

Platz 3 mit 147k: Die Linke

„Die Debatte um die „Innere Sicherheit“ ist immer mehr geprägt von Schlagwörtern wie allgemeiner Terrorverdacht, Videoüberwachung …“

Platz 4 mit 139k: CSU

„Arbeitskreis Polizei und Innere Sicherheit“

Platz 5 mit 113k: FDP

„Wenige Wochen vor einer Serie von Landtagswahlen will die FDP beim Thema Innere Sicherheit Profil gewinnen“

Platz 6 mit 79k: Bündnis90/Die Grünen

„Innere Sicherheit mit Augenmaß“