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Mieterparadies Deutschland

Böse ausländische Investorengruppen, instrumentalisierter Sanierungsstau, raffgierige Vermieter, die den kleinen Mieter aus seiner angestammten Heimat verdrängen wollen, oder haarsträubende Urteile gegen den armen Mieter, der lediglich in der Abgeschiedenheit seiner Wohnung Tauben züchten wollte.
Betrachtet man die deutsche Medienlandschaft, so wird wer zur Miete wohnt von allen Seiten drangsaliert, verdrängt und übervorteilt. Mieter erscheinen daher besonders schutzbedürftig.
Dennoch wohnt der mutige Deutsche gern zur Miete. Im europäischen Schnitt gibt es in der Bundesrepublik nur relativ wenige Wohnraumeigentümer. Das liegt insbesondere daran, dass die Politik und in vielen Fällen auch die Gerichte es ähnlich sehen wie die Medien und die Rechte der Mieter derart stärken, dass das Wohnen im Eigentum für viele geradezu unattraktiv erscheint.

Der Staat wohnt mit
Vermieter (das sind die Bösen) hingegen werden durch Mietpreisbremsen, Energiesparverordnungen, Milieuschutz-Satzungen und Zweckentfremdungsverboten (Berlin) in Schach gehalten.
Schaut man sich diese Verordnungen aber mal etwas genauer an, muss man sich wundern, dass es überhaupt noch Vermieter in Deutschland gibt.
Es ist zwar richtig, dass schon das Grundgesetz vorschreibt, dass Eigentum verpflichtet und sein Gebrauch dem Wohl der Allgemeinheit dienlich sein soll, dennoch sollten staatliche Eingriffe ins Mietrecht nicht soweit gehen, dass Vermieten zur rein ehrenamtlichen Tätigkeit wird. Die Mietpreisbremse ist zwar aufgrund ihrer vielen Einschränkungen und Lücken nicht der Dolchstoß geworden, den viele befürchtet oder erhofft haben, aber zeigt dennoch wieder die Bereitschaft der Politik rigoros in Märkte einzugreifen und deren Dynamik ohne eingehende Prüfung zu verändern.
Es ist allseits bekannt, dass es an Deutschland alleine ist, die Natur zu retten, daher war die Energiesparverordnung der einzig logische Schritt. Dass viele der verschärften energetischen Anforderungen sich für Vermieter nicht rechnen, die Mieten aufgrund anteiliger Umlagen steigen lassen und in manchen Fällen der Bausubstanz schaden können, zeigt wiedermal mit welch verblendeten Ideologien in vielen Fällen Politik gemacht wird.
Dem Umweltschutz gegenüber stehen die Milleuschutz-Satzungen, welche den Erhalt gesellschaftlicher Strukturen in Wohngebieten sicherstellen soll. Gilt eine solche Satzung, muss der Hauseigentümer vor anstehenden Sanierungen erst die zuständigen Behörden um Erlaubnis fragen, damit die Mieten nicht so sehr steigen, dass Altmieter ausziehen müssen. Eine energetische Nachrüstung ist aber komischerweise teuer und auch der vielerorts bestehende Sanierungsstau ist z.T. auf solche Regelungen zurückzuführen.

Das Recht auf deiner Seite?
Mietrecht ist mittlerweile derart kompliziert geworden, dass meist weder Mieter noch Vermieter die Rechtslage ohne juristischen Beistand vollends verstehen. Aufgrund von laufenden Änderungen und Urteilen, die bisheriges Mietrecht für unwirksam erklären, kommt es auf beiden Seiten zu extremer Unsicherheit und verbreitetem Irrglauben. Das führt dazu, dass viele Streitigkeiten vor Gericht landen und im jeweiligen Einzelfall entschieden werden muss. Aber es gibt auch Urteile, die weitreichendere Auswirkungen haben, so ist beispielsweise das jüngste Urteil des BGH zu Formularklauseln bei Schönheitsreparaturen für viele Vermieter ein Schlag ins Gesicht. Hier werden rückwirkend wichtige Vertragsklauseln für teilweise unwirksam erklärt und lassen den Vermieter in der Beweispflicht. Dieser muss nun beweisen, dass er die Wohnung vor der Vermietung umfassend renoviert hat, damit die Klauseln zu den Schönheitsreparaturen ihre Gültigkeit behalten. Da viele Vermieter damit ihre Schwierigkeiten haben werden, ist abzusehen, dass dieses Urteil zu vermehrten Rechtsstreitigkeiten führen wird.

Vermieter in der Pflicht
Generell sollte man sich vergegenwärtigen, dass es in Deutschland viele private Vermieter gibt, die ein Mietshaus als Altersvorsorge führen und daher sehr auf dessen Werterhalt bedacht sind. Bei einem Mietverhältnis übergibt der Eigentümer eine Wohnung im Wert von z.T. mehr als 100.000 Euro an einen Mieter, den er erst ca. zwei Mal zuvor gesehen hat. Als Sicherheit kann der Vermieter allerdings nur maximal 3 Kaltmieten einfordern.
Der Mieter wird umfangreich gesetzlich geschützt, der Vermieter bleibt hingegen vollverantwortlich, dass sich die Wohnung fortwährend in schadlosem Zustand befindet.
Dieser Umstand kann zur Folge haben, dass auch Verhaltensweisen wie etwa Rauchen vom Vermieter geduldet werden müssen, auch wenn dies die Wohnung in erheblichem Umfang beschädigt. Auch kommt es so zu interessanten Urteilen, wie etwa 2013 vom BGH (Az. VIII ZR 191/13). Hier verursachte ein Familienmitglied des Hauptmieters einen Küchenbrand, dieser forderte anschließend vom Vermieter die Beseitigung des Schadens und die Kostenübernahme. Dieser weigerte sich, da der Schaden klar vom Mieter verursacht wurde. Der Mieter minderte darauf die Miete. Zu Recht, wie das BGH urteilte, zudem sei es auch in diesem Fall am Vermieter, die Wohnung von etwaigen Mängeln oder Schäden zu befreien.
Der Schutz des Wohnraums
Wie schon erwähnt gibt es viele Gesetze und Beschlüsse, welche Mieter schützen und das ist im Grunde auch gut so. Natürlich wäre es nicht gerecht, wenn Wohnungssuchende durch Knebelverträge unterdrückt oder kreative Klauseln zum wöchentlichen Saunieren mit dem Vermieter verpflichtet würden. Daher ist auch der Spielraum im Bezug auf Kündigungen durch den Vermieter sehr eng gehalten. Ordentlich darf ein Vermieter laut BGB §573 nur aus drei Gründen kündigen:

  1. Wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat.
  2. Bei begründetem Eigenbedarf.
  3. Wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde.

Der zweite und dritte Grund werden jedoch wiederum massiv durch §574 BGB eingeschränkt. Liegt nämlich eine nicht zu rechtfertigende ‚Härte’ dem Mieter gegenüber vor, muss der Anspruch des Vermieters zurücktreten. Diese Härte kann allerdings in allen möglichen Formen auftreten, so z.B. auch schon, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann oder die „allgemeine Lebenssituation des Mieters durch den Umzug erheblich verschlechtert werden würde.“ (LG Lübeck, 21.11.2014 – 1 S 43/14). Ist der Mieter oder ein Familienmitglied eingeschränkt, alt oder krank, hat der Vermieter kaum eine Chance seinen berechtigten Anspruch auch geltend zu machen (siehe z.B. AG Berlin-Mitte 19 C 77/12).
Witziger Weise maßen sich Gerichte bei Eigenbedarfskündigungen zudem an, die Bedürfnisse der Vermieterfamilie zu beurteilen. So entschied das Amtsgerichts Köpenik (Az. 14 C 16/13), dass im vorliegenden Fall der Eigenbedarf für die 18 jährige Tochter des Eigentümers ohne Studien- oder Ausbildungsplatz und ohne eigenes Einkommen nicht nachvollziehbar sei.
Ist die Wohnung also erst einmal vermietet, hat der Vermieter kaum mehr eine Chance diesen Vertrag aus eigenen Beweggründen zu beenden.

Miet-No-Maden
Es ist kein angenehmes Gefühl einem Fremden Auskunft über seine finanziellen Mittel zu geben. Besonders Deutsche fühlen sich dadurch sehr verwundbar und bloßgestellt. Daher ist es auch nachvollziehbar, dass Mietinteressenten über neugierige Vermieter schimpfen, die neben einer Schufa-Auskunft auch noch Gehaltsbelege und Auskünfte des früheren Vermieters haben wollen.
Auf der anderen Seite stehen allerdings Eigentümer, die kaum etwas mehr fürchten als Mietnomaden. Und das völlig zu Recht.
Laut Haus und Grund gibt es in Deutschland etwa 12.000 – 100.000 Mietnomaden, welche jährliche Schäden in Höhe von 2,2 Milliarden Euro verursachen. Der extreme Schutz des Wohnraums in Deutschland begünstigt dieses schädigende Verhalten und verursacht für die Betroffenen nicht nur enorme Kosten, sondern auch bürokratischen Aufwand und jede Menge Stress. Hat sich ein Mietnomade erste eingenistet, ist der Vertrag also unterschrieben, wird man ihn so schnell nicht wieder los. Der Vermieter kann erst fristlos kündigen, wenn der Mieter 2 Monatsmieten nicht gezahlt hat. Zahlt dieser dann jedoch nach, verfällt die fristlose Kündigung wieder. Der Vermieter sollte daher auch tunlichst ordentlich kündigen. Meist wird die Kündigung einfach ignoriert, so dass der Vermieter vor Gericht ziehen muss. Hier kommen Anwalts- und Gerichtskosten für eine Räumungsklage auf ihn zu. Leider kann ein solches Verfahren sehr lange dauern. Jede vierte Räumungsklage dauert zwischen 7 und 24 Monate. Ist die Klage erfolgreich, ist dies aber noch lange nicht das Ende vom Lied. Der Gerichtsvollzieher muss die Räumung vollstrecken, was wiederum dauert und Kosten verursacht. Die Einrichtung des Mietnomaden darf der Vermieter aber keineswegs einfach auf die Straße schmeißen. Sie muss säuberlich inventarisiert, abtransportiert und gelagert werden. Zwar sind diese Kosten vom Mietnomaden zu tragen, verfügt der aber weder über Einkommen, Kapital oder pfändbare Güter, ist der Eigentümer in der Pflicht die Kosten zu übernehmen.
Zwar gibt es mittlerweile die auf dem Berliner Modell beruhende vereinfachte Form des „beschränkten Vollstreckungsauftrags“ (§885a – ZPO), aber auch hier muss der Vermieter die Habe des Mietnomaden einen Monat lang vorhalten und nicht-pfändbare Gegenstände auf Verlangen herausgeben.
Ist der unliebsame Gast dann endlich samt seiner Habe verschwunden, bleiben die Eigentümer meist auf den Kosten für die Renovierung, die in Extremfällen fünfstellige Beträge erreichen können, sitzen. Die eingehende Prüfung der zukünftigen Mieter ist daher als reiner Selbstschutz zu sehen, denn schon ein bis zwei Mietnomaden können ausreichen, dass der Eigentümer das Objekt nicht länger halten kann.

Zum Schluss
Dieser kurze Exkurs in die komplizierten Verstrickung deutscher Mietverhältnisse ist in keinem Fall abschließend oder die einzig wahre Sichtweise. Dennoch war es mir wichtig auch die Perspektive darzustellen, die in den Medien meist unterschlagen wird und aufzuzeigen, wie blinde staatliche Regulierungswut Märkte auf unvorhersehbare Weise verzerrt.
Hohe Kosten und Gentrifizierung können nicht einfach durch einige halbgare Regulierungsversuche unterbunden werden. Wenn Wohnungsmangel herrscht, dann muss gebaut werden. Aber wenn dem wiederum Städtepläne und Erhaltungsregelungen entgegenstehen, ist es natürlich leichter ein bisschen Makulatur auf Kosten der „reichen“ Wohnraumeigentümer zu betreiben.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Mieterparadies Deutschland“

  1. Avatar von LiberalerAussie
    LiberalerAussie

    Und was ist mit Wien dem größten Vermieter Europas oder wie würdest du diese Situation beurteilen…

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