Obama und der islamische Extremismus

Obama gerät in den USA immer stärker in die Kritik, da er sich weigert, den Begriff Islam im Zusammenhang mit dem IS zu verwenden. Diese Woche erklärte Obama seine Sicht der Dinge auf einem Gipfel im Weißen Haus. Es ist eine Debatte, die man so auch in Deutschland führen könnte und es erinnert stark an die Reaktionen deutscher Politiker nach den Attentaten auf Charlie Hebdo. Denn auch bei uns sind viele Politiker in die Kritik geraten, weil sie die These aufstellten, das alles habe Nichts mit dem Islam zu tun. Nun muss sich auch Obama dieser Diskussion stellen.

Die Ausgangslage

Wochenlang war das Weiße Haus der Formulierung „islamischer Extremismus“ aus dem Weg gegangen, doch diese Woche auf einen Gipfel, der sich mit Gegenmaßnahmen zu gewaltsamen Extremismus beschäftigte, bezog der amerikanische Präsident nun erstmals eindeutig Stellung.

Durch immer neue Videos und Berichte von Schandtaten des Islamischen Staates oder ISIL, wie man ihn in den USA nennt, war der Präsident spürbar unter Druck geraten. Sogar einige sonst sehr zurückhaltende Kommentatoren forderten ein militärisches Eingreifen. Oft wurde dies mit dem „American Way of Life“ begründet. Wer die USA so direkt provoziere und quasi herausfordere, der müsse auch eine direkte Antwort erhalten. Vor allem die Ermordung der amerikanischen IS-Geisel Kayla Mueller hat die Debatte emotional nochmal besonders aufgeladen.

Mittlerweile wurde auch berichtet, dass eine Mehrheit der Amerikaner nicht mit dem Umgang Obamas mit IS einverstanden sei. Politico berichtete, dass 57% der Amerikaner nicht mit der Strategie der Regierung im Kampf gegen IS zufrieden seien, obwohl 51% Obama für einen kompetenten Oberbefehlshaber, „Commander in Chief“, halten.

In der vorherigen Woche hatte Obama eine neue Autorisierung für ein militärisches Vorgehen gegen IS vom Kongress beantragt, war dort aber auf Widerstand gestoßen. Vielen kam vor allem die zeitliche Begrenzung der Autorisierung bis zum Ende von Obamas Amtszeit als zu zurückhaltend vor. Andere waren der Auffassung, dass die aktuelle Autorisierung des Kongresses, die dem Präsidenten schon seit langem zu sehr vielen militärischen Aktionen im „Kampf gegen den Terror“ ermöglicht, durch eine neue Autorisierung gänzlich außer Kraft gesetzt werde und die militärischen Möglichkeiten des Präsidenten in der Zukunft zu sehr einschränken würde.

Der IS-Gipfel, der nicht so heißten durfte.

Obama erläuterte seine Sicht der Dinge auf einem Gipfel im Weißen Haus, der sich mit Gegenmaßnahmen gegen gewaltsamen Extremismus beschäftigte. Auch hier wollte man den Begriff „IS“ anscheinend nicht im Namen des Gipfels sehen, obwohl der Islamische Staat doch so eindeutig im Mittelpunkt stehen würde.

Obama erklärte, Al Qaida und IS sprächen nicht für eine Milliarde Moslems, die deren hasserfüllte Ideologie ablehnten. Ihre Anführer seien keine religiösen Führer, sondern Terroristen. Die USA seien nicht im Krieg mit dem Islam, sondern mit denen, die ihn pervertierten. IS sei verzweifelt auf der Suche nach Legitimität durch den Islam.

Aber Obama rief gleichzeitig auch islamische Anführer auf, mehr gegen die verbreitete Ansicht zu unternehmen, dass die Reaktionen des Westens generell antiislamisch seien und zum Ziel hätten, den Islam zu unterdrücken.

Harte Kritik

Solche Worte sind im Lichte der vergangenen Äußerungen Obamas schon eine Besonderheit. Bislang war er immer wieder in die Kritik geraten, weil seine Administration nicht von „islamic extremism“, sondern von „violent extremism“ gesprochen hatte.

Meiner Meinung nach eine wenig hilfreiche Unterscheidung. All diese Vorgänge stützen die These vom außenpolitisch schwachen Obama, nicht nur bei Kritikern innerhalb der Vereinigten Staaten, sondern auch im Rest der Welt. Vor allem in Europa stellen sich viele die Frage, ob die Welt heute nicht anders aussähe, wenn nicht Obama an der Spitze der USA stünde, sondern McCain oder Romney.

Viele amerikanische Politiker, vor allem Abgeordnete und Senatoren aus dem Bereich der inneren Sicherheit, die man in den USA „national security hawks“ nennt, hatten Obama vorgeworfen falsche Prioritäten zu setzten. Wie soll er das Problem richtig angehen, wenn er sich aus Rücksicht auf die „political correctness“ nicht einmal traue, die offensichtlichen Realitäten auszusprechen. Solche Fragen sind durchaus berechtigt. Ist Obama überhaupt wirklich willens, etwas Entscheidendes gegen den IS zu unternehmen?

Das Weiße Haus hatte diese Kritik immer mit dem Hinweis auf die Wichtigkeit einer genauen und präzisen Formulierung bei solchen Fragen beiseite gewischt. Außerdem wolle man sich nicht aufgrund vorgeschobener Begründungen des Gegners zu einer anderen Sprache verführen lassen. Stattdessen wolle die Obama-Administration mehr tun, um muslimische Erfolgsgeschichten in den USA zu erzählen, um die IS Propaganda als Lüge zu entlarven.

Sind solche Differenzierungen wirklich hilfreich? Man muss sich vor Augen halten, dass man es mit Anhängern eines Todeskultes zu tun hat, von denen sich viele tatsächlich als Agenten der Apokalypse begreifen. Spielen solche semantischen Kleinigkeiten angesichts einer derartigen Bedrohung wirklich eine Rolle? Meiner Meinung nach sollte sich der gesamte Westen nicht mit diesen Petitessen aufhalten, sondern gemeinsam eine richtige Strategie mit den Partnern im Nahen Osten formulieren, wie man mit dieser Bedrohung umgehen kann. Dazu müssen aber auch die Fakten ohne Rücksicht auf religiöse Gefühle benannt werden dürfen. Der Westen muss seine Werte nicht verstecken. Die „political correctness“ darf nicht so weit gehen, dass sie gerade den wahren Feinden von Aufklärung, Demokratie und Toleranz in die Karten spielt.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Obama und der islamische Extremismus“

  1. Avatar von Reiner Schöne
    Reiner Schöne

    Political correctness, das Schlagwort der heutigen Zeit. Die Frage ist nur was ist korrekt. Wer sagt uns was korrekt ist, bzw. es muss ja irgendwo festgemacht werden. Die westliche Welt hat mit dieser politischen Korrektheit sich selbst ein Bein gestellt, denn jetzt kann man plötzlich nicht mehr so handeln wie vorher, jetzt kommt ein Gegensteuern entweder zu spät oder gar nicht mehr, und zum Schluss ist diese westl. Welt das Opfer, wie von solchen Extremisten vorhergesagt.

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