Am vergangenen Sonntag ging der Afrika-Cup 2015 mit einem packenden Finale zu Ende. Wieder einmal hat sich gezeigt, dass der Fußball die schönsten Geschichten schreibt. Doch wie war die Ausgangslage?
Es war die Finalkonstellation, die sich alle im Vorfeld gewünscht hatten: Mit der Elfenbeinküste und Ghana standen sich nicht nur die beiden aktuell besten, sondern auch die beiden offensivstärksten Mannschaften Afrikas gegenüber.
Die Elfenbeinküste hatte wohl noch nie eine so starke Mannschaft wie in den letzten Jahren. Das Fundament dieser Mannschaft ist die wohl erfolgreichste Spielergeneration in der Geschichte des Landes rund um die Superstars Didier Drogba (35) und die Brüder Kolo Touré (33) und Yaya Touré (31). Dieser Generation ist es allerdings nie gelungen, einen Titel zu holen. Bei Weltmeisterschaften konnte man den hohen Erwartungen nie gerecht werden und beim Afrika-Cup 2012 scheiterte man überraschend in einem packenden Finale im Elfmeterschießen gegen den krassen Außenseiter Sambia. Didier Drogba, der wohl beste afrikanische Fußballer aller Zeiten, erklärte nach der WM im vergangenen Jahr seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft, so dass diese Karriere, anders als seine erfolgreiche Karriere im Verein, ungekrönt blieb.
Für alle anderen ivorischen Superstars seiner Generation war der diesjährige Afrika-Cup mit Blick auf ihr fortgeschrittenes Fußballer-Alter wohl die letzte Gelegenheit, ihre goldene Generation mit einem internationalen Titel zu verewigen. Ergänzt wurde das Team um jüngere, aber international gestandene Topstars wie Gervinho (27) und Seydou Doumbia (27) vom AS Rom, Wilfried Bony (26) von Manchester City oder auch Serge Aurier (22) von Paris St. Germain. Trainiert wurde das Team kurioserweise vom Franzosen Hervé Renard, der die Ivorer 2012 als Trainer von Sambia überraschend im Finale schlagen konnte.
Die Elfenbeinküste konnte den Afrika-Cup bisher erst einmal gewinnen, und zwar im Jahr 1992 im Elfmeterschießen gegen Ghana, jenen Gegner, der nun, 13 Jahre später, erneut im Finale wartete. Ghana wiederum war bereits vierfacher Afrikameister, das letzte Mal allerdings in 1982. Man wartete also schon seit 23 Jahren sehnsüchtig auf den Titel.
Es gab also keinen klaren Favoriten, man wusste nur, dass beide Teams offensiv stark und defensiv anfällig waren. Man erwartete daher ein Offensiv-Spektakel. Umso überraschender, dass es, genau wie im Finale 1992, mit einem 0:0 nach Verlängerung ins Elfmeterschießen ging. Als Ghana die beiden ersten Elfmeter verwandelte und die Ivorer die ersten beiden Elfmeter versemmelten, sah es so aus, als sei Ghana der sichere Sieger. Aber wie so oft im Afrika-Cup kam es anders als erwartet und die Elfenbeinküste konnte sich zurückkämpfen. Schlussendlich hatten alle zehn Feldspieler beider Teams ihre Elfmeter geschossen, so dass es im elften Durchgang zum Duell der Torhüter kam: Brimah Razak auf Seiten Ghanas gegen Boubacar Barry, genannt „Barry Copa“, auf Seiten der Elfenbeinküste.
Das kuriose: Barry, jahrelang Stammtorhüter der Ivorer, und mittlerweile gestandene 35 Jahre alt, wurde zum Ersatzspieler degradiert und durch Sylvain Gbohouo ersetzt. Doch ausgerechnet vor dem Finale musste dieser verletzt passen, so dass der gescholtene Barry zum Einsatz kam. Während des Spiels ließ er sich nichts zu Schulden kommen und fiel dann beim Elfmeterschießen dadurch auf, dass er wohl der erste Torhüter war, der sich jemals während eines Elfmeterschießens, genauer gesagt während der eigene Teamkamerad schoss und er nicht im Tor stand, einen Krampf zuzog. Ob er wirklich einen Krampf hatte oder ob es nur Show war, um den gegnerischen Schützen zu verunsichern, das weiß wohl nur der Niederländer Tim Krul.
Und es kam, wie es in jeder perfekten Geschichte kommen musste: Barry konnte den Schuss des gegnerischen Torhüters Razak parieren. Nun hatte er es selber in der Hand. Sollte er treffen, dann wäre die Elfenbeinküste Sieger des Afrika-Cups 2015. Barry läuft an – schießt – und trifft. Was dann folgt ist kollektiver Freudentaumel. Der Gescholtene wird zum Held einer gesamten Nation und die goldene Generation der Elfenbeinküste setzt sich endlich die Krone auf. Während aus den Gesichtern der Ghanaer die Enttäuschung und das kollektive Entsetzen spricht, feiern die Ivorer ausgelassen ihren Titel. So schöne reale Geschichten schreibt nur der Fußball.
Ich persönlich war in diesem Moment allerdings in Gedanken bei Didier Drogba. Wie er sich wohl in diesem Moment gefühlt haben muss?
Schreibe einen Kommentar