Bildung

Die beste Bildung der Welt – Folge 2 – Reformen

Warum Reformen im deutschen Bildungssystem so out sind, obwohl sie so in sein könnten

Bildungsreform. Es gibt nicht viele Wörter, die in mir umgehend negative Assoziationen auslösen, aber dieses Wort gehört definitiv dazu. Ich verbinde es mit einem unaufhörlichen Rütteln an G9 und dann wieder G8, mit penetranten, nörgelnden Eltern, mit unzufriedenen Schülern und überforderten Lehrern. Ich erinnere mich noch gut an den Eindruck, den Bildungsreformen auf mich als Schülerinnen immer gemacht haben: Übereilt, planlos und unorganisiert. Ein kurzfristig überarbeiteter Lehrplan schien den anderen abzulösen und kein Ende in Sicht. Parteien missbrauchen das Bildungssystem als Spielplatz, auf dem sie nicht miteinander, sondern gegeneinander spielen, scheinbar mit dem Ziel, die Schulen so ideologisch wie möglich umzukrempeln.

Dabei steht fest: Schulen in Deutschland benötigen dringend Reformen. Unser Bildungssystem ist so alt, dass selbst meine Großeltern wissend nickten, wenn ich aus der Schule berichtete. Das gilt für die vierjährige Grundschulzeit, das dreigliedrige Schulsystem und das Abitur als Hochschulzugangsberechtigung, betrifft aber auch alles andere.

Als ich für ein Jahr in Mexiko zur Schule ging, war ich überrascht, dass die Schulen dort teilweise besser ausgerüstet waren als meine Schule in Deutschland. In Mexiko gibt es kein großes Geodreieck aus Plastik, das der Lehrer an die Tafel drückt, um mit Kreide irgendwie ein Dreieck zeichnen zu können, stattdessen wird den Schülern vermittelt, wie man mit entsprechenden Computerprogrammen umgeht. Die mexikanische Regierung
investiert über 20 Prozent des Staatshaushalts in Bildung, das entspricht mehr als doppelt so viel wie den Investitionen in Bildung in Deutschland. Dass Mexiko im Vergleich (beispielsweise in der PISA-Studie) trotzdem sehr schlecht abschneidet, ist kein Geheimnis, liegt aber an anderen Faktoren. Dennoch mag ich mir gar nicht ausmalen, wie deutsche Schulen aussehen könnten, wenn über 20 Prozent des deutschen Staatshaushalt in eben diese fließen würde. Sicher ist nur, dass kein Erdkunde-Lehrer mehr in einem Kabuff verschwinden müsste, um dann mit einer verstaubten Landkarte in den Unterricht zurückzukehren, auf der noch eine innerdeutsche Grenze zu bestaunen ist.

Weder eine wiederholte G8 oder G9-Diskussionen helfen uns hier weiter, noch eine erneute ideologisch aufgeladene Debatte. In Deutschland muss endlich – unaufgeregt, koordiniert und bundesweit- der gemeinsame Konsens umgesetzt werden: Kleinere Klassen, individuellere Förderung, Digitalisierung. Erst wenn diese Reformen angegangen werden und vor allem auch das nötige Geld in die Hand genommen wird, werden die Schulen wieder dem Anspruch genügen, den wir an sie haben.


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