Periodisch wieder aufflammend. So könnte man das Thema Datenschutz wohl im Allgemeinen am besten beschreiben. Pünktlich nach (versuchten) Terroranschlägen, wie dem auf Charlie Hebdo – dem schlimmsten Anschlag in der europäischen Geschichte erhebt die Union ihre Stimme und ruft nach der Vorratsdatenspeicherung. In Zukunft sollen so sämtliche digitalen Spuren (Metadaten), die alle Bürger hinterlassen, von den Telefon- und Internetanbietern ohne direkte Notwendigkeit mindestens ein halbes Jahr gespeichert werden. Pünktlich zu Änderungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von großen Internetunternehmen ergreifen Verbraucherschützer und IT-Blogs das Wort, um strengere Datenschutzregeln zu verlangen. Als aktuelles Beispiel kann hier Facebook dienen. Das Soziale Netzwerk will in Zukunft die Daten seiner Tochterunternehmen (u.a. WhatsApp, Instagram, …) sowie die Daten von Websites oder Apps von Drittanbietern noch gezielter einsetzen, um personalisierte Werbung zu schalten.
Wichtig ist mir in beiden Fällen vor allem: Wir müssen lernen zu differenzieren. Differenzieren zwischen dem Staat, der seine Bürger ausspäht und zwischen privaten Unternehmen, die Daten ihrer Nutzer speichern, um damit Geld zu verdienen. Den hauptsächlichen Unterschied in diesen beiden Fällen kann man auf eine einfache Formel bringen: Bürger oder Nutzer.
Verabschiedet der Bundestag ein Gesetz, welches es dem Staat erlaubt Daten unkontrolliert von allen Bürgern zu erfassen, so hat vorher eine Mehrheit der Bürger eine politische Konstellation gewählt, die eine solche Politik unterstützt. Dem Bürger, der seine Daten dem Staat nicht überlassen will, bleiben nun – neben politischem Protest durch Demonstrationen o.ä. – zwei Optionen: Er beschäftigt sich umfassend mit Verschlüsselung und Datensicherheit und kann sich so der Datenerfassung zumindest teilweise entziehen oder er akzeptiert die politische Mehrheit und findet sich mit der Erfassung ab.
Ganz anders sieht die Situation bei privaten Unternehmen aus. Änderungen bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen werden normalerweise weit vor Inkrafttreten bekannt gegeben und jeder Nutzer hat die Chance, sich im Extremfall vom jeweiligen Internetdienst abzumelden. Ein wichtiger Baustein hierbei ist das Recht auf digitales Vergessen, welches es den Nutzern ermöglicht, sämtliche Daten bei Internetdiensten unwiederbringlich löschen zu lassen.
Werben möchte ich an dieser Stelle dafür, den Datenschutz stärker auf den Staat zu beziehen und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im öffentlichen Bereich konsequent durchzusetzen. Den großen Internetunternehmen sollten wir dagegen keine unnötigen Vorschriften machen. Wichtig ist in diesem Bereich nur die Transparenz (Welche Daten werden gespeichert und wann wieder gelöscht?) und ein funktionierender Verbraucherschutz, der die Nutzer aufklärt (Hilfe zur Selbsthilfe). Statt uns immer neue Vorschriften auszudenken, sollten wir uns viel eher fragen, warum diese Unternehmen so erfolgreich sind und warum die Nutzerbindung so hoch ist.
Im Internet hat sich seit jeher eine “alles ist kostenlos”-Mentalität durchgesetzt, die sich auch in den großen Unternehmen wiederspiegelt. Man zahlt keine monatlichen Beiträge für die Nutzung, sondern zahlt mit seinen persönlichen Daten – im Gegenzug erhält man in den allermeisten Fällen das mit Abstand beste Produkt auf dem Markt. Die meisten Nutzer sind schlichtweg zu faul, sich mit Open Source-Alternativen zu beschäftigen oder nicht bereit, auch nur einen kleinen finanziellen Beitrag zu leisten. So kann das einzige funktionierende Geschäftsmodell im Internet auf Dauer nur die Einblendung von zielgerichteter Werbung sein. Nehmen wir nun den erfolgreichen Internetunternehmen ihr Geschäftsmodell, so wird Web 2.0 auf Dauer massiv gefährdet sein.
Zu guter letzt: Liebe Datenschutzer – ein kleiner Seitenhieb sei mir erlaubt – wenn ihr es wirklich so ernst meint, wie ihr immer vorgebt, dann seid doch bitte wenigstens so konsequent wie Peter Schaar und meldet euch bei Facebook ab.
Schreibe einen Kommentar